Rechtsprechung
AG München, Urteil vom 16.01.2007 - Az. 161 C 23695/06
Internet Abo- und Vertragsfallen - Versteckt sich eine Zahlungspflicht bei einem Internetangebot in den allgemeinen Geschäftsbedingungen, kann die entsprechende Klausel überraschend und unwirksam sein, wenn der User nach dem Erscheinungsbild der betreffenden Internetseite mit einer kostenpflichtigen Leistung nicht zu rechnen braucht.
BGB § 155, § 305c Abs. 1, § 611 Abs. 1
Leitsätze:*1. Versteckt sich eine Zahlungspflicht bei einem Internetangebot (hier: Test zur Beurteilung der Lebenserwartung) in den allgemeinen
Geschäftsbedingungen (AGB), kann die entsprechende Klausel so ungewöhnlich und daher überraschend sein, dass sie unwirksam ist.
Dies gilt jedenfalls, wenn der User nach dem Erscheinungsbild der betreffenden Internetseite (d.h. dem Aufbau und dem äußeren
Erscheinungsbild nach) mit einer kostenpflichtigen Leistung nicht zu rechnen braucht.
2. Wird bei einem Internetangebot dem User zunächst bewusst vorenthalten, dass es um eine kostenpflichtige Leistung geht
(hier wurde mit einem Gewinnspiel und einem Gutschein gelockt) ohne auf Kosten hinzuweisen, und muss beim Bestätigen
der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht damit gerechnet werden, dass sich gerade hier die Erläuterung einer
Zahlungspflicht versteckt, und ist eine Anmeldung auch möglich ohne eine Preisangabe (hier: unterhalb des Anmeldebuttons)
gesehen zu haben, ist eine solche Preisangabe nicht Vertragsbestandteil geworden und eine entsprechende AGB-Klausel überraschend i.S.d
§ 305c Abs. 1 BGB.
3. Hieran ändert auch der Hinweis auf einen "kommerziellen" Zweck allein nichts. Denn damit könnten im Rahmen des Internetgeschäfts
auch Werbepartner gemeint sein, die durch die Adressensammlung aus dem Gewinnspiel profitieren.
4. Zwar können grundsätzlich auch Hauptleistungspflichten in AGB geregelt werden. Dies gilt aber nicht, wenn erst in den AGB
der Vertrag überhaupt als entgeltlicher Vertrag dargestellt wird.
MIR 2007, Dok. 083
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 05.03.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/585
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 14.03.2017 - VI ZR 721/15, MIR 2018, Dok. 001
Verpflichtung zur telefonischen Kündigungsbestätigung unzulässig - Die Mitteilung an Verbraucher, eine (online) erklärte Kündigung sei telefonisch zu bestätigen, kann eine wettbewerbswidrige Irreführung darstellen
Landgericht Koblenz, MIR 2024, Dok. 031
Elektronischer Rechtsverkehrs per beA - Zum Eingang eines über das beA eingereichten Dokuments bei Gericht und zu den anwaltlichen Sorgfaltspflichten bei der Übermittlung fristgebundener Schriftsätze auf diesem Weg
BGH, Beschluss vom 11.05.2021 - VIII ZB 9/20, MIR 2021, Dok. 051
Grundsätzlich keine wettbewerbsrechtliche Haftung von Anbietern für Kundenbewertungen bei Amazon
Bundesgerichtshof, MIR 2020, Dok. 013
Online-Coaching und Fernunterricht - Eine Überwachung des Lernerfolgs im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG, gleichgültig ob mündlich oder schriftlich, ist als Kontrolle durch den Lehrenden oder seine Beauftragten zu verstehen; eine Selbstkontrolle genügt nicht
OLG Köln, Urteil vom 06.12.2023 - 2 U 24/23, MIR 2023, Dok. 081