Rechtsprechung
OLG Hamm, Urteil vom 16.10.2007 - 4 U 91/07
Verbot ungewünschter E-Mail-Werbung inhaltsunabhängig - Das Verbot des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG knüpft unabhängig von der inhaltlichen Komponente allein an die fehlende Einwilligung hinsichtlich der auf elektronischem Wege geschickten Werbung an.
UWG §§ 3, 7 Abs. 2 Nr. 3, 8 Abs. 1; ZPO §§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 308
Leitsätze:*1. Ein auf Unterlassung ungewollter E-Mail-Werbung gerichteter Verbotsantrag kann
auch dann hinreichend bestimmt sein, wenn er sich lediglich - im Kern und nur leicht modifiziert -
auf die Widergabe des Gesetzeswortlauts des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG beschränkt.
2. Zwar muss ein Verbotsantrag nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO derart deutlich gefasst sein, dass Gegenstand
und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) erkennbar abgegrenzt sind.
Grundsätzlich sind deswegen Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen
als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen. Etwas anderes gilt aber dann, wenn der gesetzliche
Verbotstatbestand bereits selbst entsprechend eindeutig und konkret gefasst oder
der Anwendungsbereich der Rechtsnorm durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist oder der Kläger hinreichend
deutlich macht, dass er nicht ein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit
seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert (vgl.
BGH GRUR 2003, 886, 887 - Erbenermittler; BGH GRUR 2007, 607 - Telefonwerbung für Individualverträge).
3. Im Fall des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG sind bereits der gesetzliche Verbotstatbestand selbst eindeutig und
konkret gefasst sowie eine entsprechende Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen geklärt. Ein hieran
im Wortlaut angelehnter Verbotsantrag stellt sich daher als hinreichend bestimmt dar.
4. Bei der Zusendung von E-Mails handelt es sich um elektronische Post i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG).
5. Eine bezüglich des Inhalts von E-Mail-Werbung beschränkte (hier: auf Gewinnspiele) Unterwerfungserklärung
beseitigt die Widerholungsgefahr eines in allgemeiner Form - nämlich betreffend die unverlangte und/oder
nicht von einer Einwilligung gedeckte Übersendung von E-Mail-Sendungen - beanstandeten Verstoßes
gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG nicht, da der Inhalt der "elektronischen Post" i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG
(hier: E-Mail) insoweit für den Verbotstatbestand nicht maßgeblich ist.
6. Das Verbot des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG knüpft unabhängig von der inhaltlichen Komponente allein an die fehlende
Einwilligung hinsichtlich der auf elektronischem Wege geschickten Werbung an. Das Charakteristische der
Verletzungshandlung ist nicht die Art und Weise der Kundgabe in inhaltlicher Hinsicht (so etwa im Fall einer
Irreführung), sondern die Belästigung der ungerechtfertigten E-Mail-Übermittlung als solche. Die Verletzung beinhaltet
im Kern, dass die Verbraucher dadurch belästigt werden, dass ihnen ohne ihre Einwilligung auf diesem Wege Werbesendungen
zugesandt werden und ohne dass sie hierfür ihren "elektronischen Briefkasten" geöffnet haben.
Bearbeiter: Thomas Gramespacher
Online seit: 09.01.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1474
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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