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Thomas Gramespacher

Hobbyhändler oder "Powerseller"? - Zur Frage, wann man als eBay-Verkäufer zu einem Gewerbetreibenden wird

Urteil des LG Coburg vom 19.10.2006, Az. 1 HK O 32/06; rechtskräftig

MIR 2006, Dok. 267, Rz. 1


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Zum Thema
Früher gab es Basare und Flohmärkte, um seine Kostbarkeiten oder einfach seinen Ramsch loszuwerden. Im Computerzeitalter reicht hierzu eine Mitgliedschaft bei dem weltweit tätigen Auktionshaus eBay und schon kann das Handeln ohne Grenzen losgehen. Nicht selten wird dabei der unternehmerische Geist des Onlineanbieters geweckt. Das Hobby wird dann schnell zur Profession. Spätestens dann heißt es aufzupassen. Betreibt man den Internethandel nämlich gewerbsmäßig, sind Hinweispflichten zum Schutz von Verbrauchern einzuhalten. Anderenfalls riskiert der Netzverkäufer, von einem Konkurrenten wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens in Anspruch genommen zu werden. Eine derartige Unterlassungsklage war jetzt Gegenstand einer Entscheidung der Handelskammer des Landgerichts Coburg. Ein über eBay Modeartikel vertreibender Unternehmer wollte einem vermeintlichen Rivalen im Wege einer einstweiligen Verfügung untersagen lassen, gegen Meidung einer Ordnungsstrafe von 250.000 € Kleidungsstücke unter Verstoß gegen Verbraucherschutzvorschriften online anzubieten. Die Richter wiesen die Klage aber ab. Sie sahen den verklagten Internet-Verkäufer nicht als Profihändler (Powerseller) an.

Zum Sachverhalt
Die eBay-Angebote des Beklagten waren dem Kläger seit geraumer Zeit ein Dorn im Auge. Als Profi-Onlineverkäufer musste er jedes von ihm angebotene Beinkleid mit dem Hinweis auf Verbrauchern zustehende Widerrufsrechte versehen. Der Beklagte dagegen vertrieb vergleichbare (neuwertige) Modeartikel, ohne sich um derartige Verbraucherschutzregeln zu kümmern. Hierin sah der Kläger einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil, sei doch der Mitbewerber schon lange kein Amateur-Händler mehr. Hiergegen sprächen bereits seine über 1.700 Mitgliederbewertungen über von ihm getätigte eBay-Verkäufe.
Der Gescholtene sah sich aber weiterhin als Privatverkäufer. Aus lauter Einsamkeit sei er kaufsüchtig geworden und habe viele Klamotten online gekauft. Diese habe er dann - mit hohen Verlusten - weiterveräußert.

Entscheidung des Gerichts: Powersellerkriterien nicht erfüllt!
Das Landgericht Coburg verneinte einen Verstoß des Beklagten gegen das UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). Er sei noch kein Unternehmer. Dagegen spreche insbesondere, dass der Beklagte nicht die Kriterien eines (eBay-)"Powersellers" erfülle: Nämlich ein Handelsvolumen von mindestens 3.000 € Umsatz oder wenigstens 300 verkaufte Artikel pro Monat. Als privater Anbieter müsse er aber Verbraucherschutzvorschriften nicht beachten.

Bemerkung: Powerseller gleich Unternehmer ?
Die Realität kann einen schnell einholen und teuer zu stehen kommen, überschreitet man auf dem virtuellen Marktplatz eBay gewisse Grenzen. Das ist wohl klar.

Interessant ist aber auch, dass sich das Gericht hinsichtlich der Feststellung der Unternehmereigenschaft scheinbar recht deutlich an den von eBay aufgestellten Kriterien für die Feststellung der "Powersellereigenschaft" (hier: mit den Kriterien 3000 € Umsatz oder 300 verkaufte Artikel pro Monat immerhin das Powersellerlevel "Bronze") orientiert hat.

Etwa das LG Berlin hat in einem Urteil aus September 2006 (Urteil vom 5.09.2006 - Az. 103 O 75/06 = MIR Dok. 202-2006) 100 im Monat auf der Online-Handelsplattform verkaufte Artikel genügen lassen um die Unternehmereigenschaft i.S.d. § 14 BGB zu bejahen.

Die Entscheidung zeigt, dass allein die Anzahl der bei eBay vertriebenen Artikel (seien es nun neue oder gebrauchte) für sich derzeit noch kein zuverlässiges Kriterium ist, um einen eBay-Händler als Unternehmer zu qualifizieren - jedenfalls wohl nicht über die "Bezirks-Rechtsprechung" hinaus und unterhalb der Grenzen der "eBay-Powersellerkriterien". Denn oberhalb dieser (regelmäßiger Verkauf mit Umsatz von 3000 EUR oder 300 Artikel pro Monat!) Grenzen wird man sicher von einer Unternehmereigenschaft auch im Sinne von § 14 BGB ausgehen müssen.
Auf der anderen Seite sollten sich sehr geschäftige eBay-Verkäufer natürlich stets mit den Eigentümlichkeiten des gewerblichen eBay-Geschäfts - und damit eben auch den Informations- und Hinweispflichten gegenüber Verbrauchern (etwa Widerrufsrecht etc.) auseinandersetzen und sorgfältige Abwägungen treffen.

Oder sollte man doch lieber fragen: Wann wollte eBay das "DeBG" - das "Deutsche eBay Gesetz" - noch mal in die Ressort-Abstimmung geben?

(tg)

Quelle: PM Nr. 306 des LG Coburg vom 08.12.2006


Online seit: 13.12.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/485
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