MIR-Newsletter

Der MIR-Newsletter informiert Sie regelmäßig über neue Inhalte in MEDIEN INTERNET und RECHT!

Schließen Abonnieren
MIR-Logo mobil

Logo MEDIEN INTERNET und RECHT
Logo MEDIEN INTERNET und RECHT

Rechtsprechung



EuGH, Urteil vom 19.09.2006 - Az. C-356/04

"Lidl" - Vergleichende Werbung muss für den Adressaten nachprüfbar sein. Dem ist nur genüge getan, wenn der Werbende für die Adressaten der Werbeaussage angibt, wo und wie die Richtigkeit der betreffenden Werbeaussage nachzuprüfen ist oder - z.B. bei fehlender Sachkenntnis - sie die Werbeaussage nachprüfen lassen können. Zur vergleichenden und irreführenden Werbung.

Richtlinie 97/55 vom 6.10.1997 und Richtline 84/450/EWG vom 10.09.1984 (Irreführende Werbung)

Leitsätze:*

1. Die in Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung in der durch die Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997 geänderten Fassung aufgestellte Bedingung für die Zulässigkeit vergleichender Werbung ist dahin auszulegen, dass sie es nicht verwehrt, dass sich eine vergleichende Werbung auf von zwei konkurrierenden Supermarktketten verkaufte Sortimente von Waren des täglichen Bedarfs in ihrer Gesamtheit bezieht, soweit diese Sortimente beiderseits aus einzelnen Produkten bestehen, die paarweise betrachtet jeweils dem in dieser Bestimmung aufgestellten Erfordernis der Vergleichbarkeit genügen.

2. Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 84/450 in der durch die Richtlinie 97/55 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die darin aufgestellte Bedingung, dass die Werbung die Eigenschaften der betreffenden Waren "objektiv vergleicht", beim Vergleich der Preise eines von Supermarktketten verkauften Sortiments vergleichbarer Waren des täglichen Bedarfs oder beim Vergleich des allgemeinen Niveaus der Preise, die sie im Rahmen des Sortiments der von ihnen verkauften vergleichbaren Produkte anwenden, nicht bedeutet, dass die verglichenen Produkte und Preise, also die des Werbenden und die aller seiner in den Vergleich einbezogenen Mitbewerber, Gegenstand einer ausdrücklichen und umfassenden Nennung in der Werbeaussage sein müssen.

3. Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 84/450 in der durch die Richtlinie 97/55 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass im Sinne dieser Bestimmung "nachprüfbare" Eigenschaften der von zwei konkurrierenden Supermarktketten verkauften Waren sind:

  • die Preise der betreffenden Waren;
  • das allgemeine Niveau der Preise, die diese konkurrierenden Supermarktketten im Rahmen ihres Sortiments vergleichbarer Waren anwenden, und die Höhe der Ersparnis, die ein Verbraucher, der solche Waren bei der einen und nicht bei der anderen dieser Ketten kauft, erzielen kann, sofern die betreffenden Waren tatsächlich zu dem Sortiment vergleichbarer Waren hinzugehören, auf deren Grundlage das genannte allgemeine Preisniveau ermittelt worden ist.
4. Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 84/450 in der durch die Richtlinie 97/55 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine Eigenschaft, die in einer vergleichenden Werbung erwähnt wird, ohne dass darin die Bestandteile des Vergleichs, auf denen die Erwähnung der betreffenden Eigenschaft beruht, genannt werden, der in dieser Bestimmung aufgestellten Bedingung der Nachprüfbarkeit nur dann genügt, wenn der Werbende insbesondere für die Adressaten der Werbeaussage angibt, wo und wie sie die genannten Bestandteile leicht in Erfahrung bringen können, um deren Richtigkeit und die der betreffenden Eigenschaft nachzuprüfen oder, falls sie nicht über die dafür erforderliche Sachkenntnis verfügen, nachprüfen zu lassen.

5. Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 84/450 in der durch die Richtlinie 97/55 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine vergleichende Werbung, die das niedrigere allgemeine Preisniveau des Werbenden gegenüber dem von dessen Hauptmitbewerbern hervorhebt, obwohl sich der Vergleich auf eine Musterauswahl von Produkten bezogen hat, irreführend sein kann, wenn die Werbeaussage
  • nicht deutlich macht, dass sich der Vergleich nur auf eine solche Auswahl und nicht auf alle Produkte des Werbenden bezogen hat,
  • nicht die Bestandteile des vorgenommenen Vergleichs erkennbar macht oder dem Adressaten keine Informationsquelle nennt, über die eine solche Erkennbarkeit hergestellt werden kann, oder
  • einen umfassenden Hinweis auf eine Ersparnisspanne enthält, die der Verbraucher, der seine Einkäufe beim Werbenden und nicht bei dessen Mitbewerbern tätigt, erzielen kann, ohne dass das allgemeine Niveau der Preise, die diese Mitbewerber jeweils anwenden, und die Höhe der Ersparnis, die durch das Einkaufen beim Werbenden und nicht bei dessen Mitbewerbern erzielt werden kann, individualisiert werden.

MIR 2006, Dok. 162


Download: Entscheidungsvolltext PDF


Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 19.09.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/380

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
dejure.org StellenmarktAnzeige