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Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht



OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 24.11.2022 - 6 U 276/21

Irrtümlich überhöhter Preis - Eine irreführende Preisangabe im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG liegt auch dann vor, wenn der Unternehmer nach der Bestellung aufgrund eines Irrtums nur zu einem höheren Preis lieferbereit ist

UWG §§ 3, 5 Abs. 2 Nr. 2

Leitsätze:*

1. Eine geschäftliche Handlung ist z.B. dann irreführend, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über den Preis enthält, § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG [a.F.]. Wegen der Bedeutung des Preises für den Absatz ist ein wirksamer Schutz vor irrführenden Preisangaben unbedingt geboten und die wettbewerbliche Relevanz in der Regel gegeben.

2. Eine Angabe ist unwahr im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG, wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Für die Beurteilung kommt es darauf an, welchen Gesamteindruck sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft (BGH, Urteil vom 24.09.2013 - I ZR 89/12 - Matratzen Factory Outlet; BGH, Urteil vom 21.04.2016 - I ZR 151/15 - Ansprechpartner; BGH, Urteil vom 21.06.2018 - I ZR 157/16, MIR 2018, Dok. 048 - Vollsynthetisches Motorenöl; BGH, Urteil vom 06.06.2019 - I ZR 216/17, MIR 2019, Dok. 035 - Identitätsdiebstahl).

3. Der Verkehr wird bei der Preisangabe in einem Online-Shop die Erwartung haben, dass er den angebotenen Artikel auch tatsächlich zu dem Preis erwerben kann. Dabei wird er zwar einkalkulieren, dass es ggf. durch begrenzte Vorräte im Einzelfall zu einer Verzögerung der Lieferung oder gegebenenfalls sogar zu einer fehlenden Lieferbarkeit kommen. Der Verkehr ist derartige Üblichkeiten gewöhnt. Der angesprochene Verkehr wird indes keine Veranlassung haben, einer vorbehaltslosen Preisangabe zu entnehmen, dass die Lieferung zu diesem Preis in Einzelfällen nicht zustande kommt und es nicht zu einer "Preiserhöhung" in dem Sinne kommt, dass das Produkt nur zu einem um 50 % höheren Preis zustande kommt.

4. Eine irreführende Preisangabe im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG liegt auch dann vor, wenn der Unternehmer nach der Bestellung aufgrund eines Irrtums nur zu einem höheren Preis lieferbereit ist.

5. Eine im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG relevante Irreführung liegt auch dann vor, wenn diese lediglich einen "Anlockeffekt" bewirkt; selbst wenn es nicht zur endgültigen Marktentscheidung - etwa dem Kauf der Ware - kommt. Dabei kann der Umstand, dass die Gefahren, die von einer Irreführung mit bloßem Anlockeffekt ausgehen, in der Regel geringer sind als die einer Irreführung, die unmittelbar in eine durch Täuschung und mangelnde Aufklärung bewirkte (Kauf-)Entscheidung mündet, gegebenenfalls im Rahmen einer Interessenabwägung berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 15.07.1999 - I ZR 44/97 - EG-Neuwagen I; BGH, Urteil vom 19.08.1999 - I ZR 225/97 - EG-Neuwagen II).

MIR 2022, Dok. 100


Anm. der Redaktion: Leitsatz 4 ist der Leitsatz des Gericht
Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 30.12.2022
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3244

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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