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Rechtsprechung // Markenrecht



OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 10.11.2022 - 6 U 301/21

Keyword-Advertising - Verwendung und Angebot eines Unternehmenskennzeichens durch eine Internet-Suchmaschine als Keyword für (Werbe-) Anzeigen Dritter

MarkenG §§ 3, 5, 15 Abs. 4; BGB §§ 12, 823, DSGVO Art. 17

Leitsätze:*

1. Zur Frage, ob ein Internet-Suchmaschinen-Betreiber ein Unternehmenskennzeichen innerhalb seines Programmalgorithmus als Keyword für Anzeigen Dritter verwenden darf

2. Die Verletzung des Unternehmenskennzeichens setzt ebenso wie der Markenschutz eine kennzeichenmäßige Verwendung der kollidierenden Bezeichnung voraus (BGH, Urteil vom 18.05.2006 - Az. I ZR 183/03, MIR 2006, Dok. 196 - Impuls). Von einer kennzeichenmäßigen Verwendung ist auszugehen, wenn die angegriffene Bezeichnung vom Verkehr als Hinweis auf ein Unternehmen oder auf eine bestimmte betriebliche Herkunft der im Zusammenhang mit der Bezeichnung angebotenen Produkte verstanden wird (BGH, Urteil vom 15.02.2018 - I ZR 201/16 - goFit).

3. Wird Internetnutzern anhand eines mit der Marke identischen oder verwechselbaren Schlüsselworts eine Anzeige eines Dritten gezeigt (Keyword-Advertising), ist eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke in der Regel zu verneinen, wenn die Anzeige in einem von der Trefferliste eindeutig getrennten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint und selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte enthält (BGH, Urteil vom 27.06.2013 - I ZR 53/12, MIR 2014, Dok. 001 - Fleurop). Entsprechende Grundsätze gelten auch bei der Verletzung von Unternehmenskennzeichen (BGH, Urteil vom 22.01.2009 - I ZR 30/07, MIR 2009, Dok. 063 - Beta Layout).

4. Das Anbietens eines Fremdzeichens als Keyword durch einen Suchmaschinenbetreiber gegenüber Werbekunden wird vom Verkehr nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft dieser Leistung (Keyword-Advertising) angesehen. Kennzeichenrechtlich relevant ist allein das nach Eingabe des Zeichens durch einen Nutzer als Ergebnis des Suchvorgangs angezeigte Anzeigenbild. Eine Benutzungshandlung im Sinne von § 15 Abs. 4 MarkenG liegt darin nicht.

5. In der Benutzung eines fremden Namens zu Werbezwecken liegt nicht stets eine Verletzung des Namensrechts im Sinne von § 12 BGB (BGH, Urteil vom 26.06.1981 - I ZR 73/79 - Carrera). Geht es nur um das Inverbindungbringen eines Zeichens mit Werbeanzeigen Dritter kann - unabhängig von deren Gestaltung - allein darin keine namensrechtliche Zuordnungsverwirrung gesehen werden. Allein die Verknüpfung eines Suchwortes mit Werbeanzeigen von Mitbewerbern erzeugt nicht den Eindruck, dass es sich bei dem Werbenden um den Namensträger handelt.

6. Die unbefugte Verwendung des Namens zu Werbezwecken kann grundsätzlich das allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzen. Wer indes selbst unter seinem Namen wirbt und im Internet auftritt, muss damit rechnen, dass Internetsuchmaschinen den Namen finden und - ihrem bekannten Geschäftsmodell entsprechend - über Algorithmen mit Werbeanzeigen Dritter verknüpfen. In diese Art der Verwendung willigt jeder Gewerbetreibende, der unter seinem Namen in den Markt tritt und Inhalte ins Internet stellt, gewissermaßen ein (vgl. zum Urheberrecht: BGH, Urteil vom 29.04.2010 - I ZR 69/08, MIR 2010, Dok. 078 - Vorschaubilder I).

7. Zum Anspruch aus Art. 17 DSGVO, wenn ein Internet-Suchmaschinen-Betreiber ein Unternehmenskennzeichen innerhalb seines Programmalgorithmus als Keyword für (Werbe-) Anzeigen Dritter verwendet (hier: verneint).

MIR 2022, Dok. 097


Anm. der Redaktion: Leitsatz 1 ist der Leitsatz des Gerichts.
Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 19.12.2022
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3240

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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