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Rechtsprechung // Zivilrecht



BGH, Urteil vom 27.10.2022 - I ZR 141/21

Vertragsstrafenverjährung - Bei einem Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach "Hamburger Brauch" beginnt die Verjährungsfrist nicht, bevor der Gläubiger die Höhe der verwirkten Vertragsstrafe festgelegt hat

BGB §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1, § 315 Abs. 1 und 2, § 339 Satz 2

Leitsätze:*

1. Ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe wegen schuldhaften Verstoßes gegen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, die - wie hier - wegen der Beanstandung einer Urheberrechtsverletzung abgegeben worden ist, verjährt als ausschließlich vertraglich begründeter Anspruch nach den zivilrechtlichen Regelungen der §§ 194 ff. BGB (zum Wettbewerbsrecht vgl. BGH, Urteil vom 12.07.1995 - I ZR 176/93 - Kurze Verjährungsfrist). Gemäß § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Sie beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (Nr. 1) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (Nr. 2).

2. Ein Anspruch ist im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden, sobald er erstmals geltend gemacht und im Wege der Klage durchgesetzt werden kann (BGH, Urteil vom 08.07.2008 - XI ZR 230/07; BGH, Beschluss vom 22.03.2017 - XII ZB 56/16; BGH, Urteil vom 03.08.2017 - VII ZR 32/17). Dafür genügt es nicht, dass der Schuldner die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale verwirklicht hat und der Anspruch daher nach allgemeiner Terminologie entstanden ist. Vielmehr ist darüber hinaus grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs erforderlich, die dem Gläubiger die Möglichkeit der Leistungsklage verschafft (vgl. BGH, Urteil vom 08.04.2015 - IV ZR 103/15; BGH, Urteil vom 17.07.2019 - VIII ZR 224/18). Erst ab diesem Zeitpunkt kann der Gläubiger gemäß § 271 BGB die Leistung verlangen und nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Verjährung durch Klageerhebung hemmen (vgl. BGH, Urteil vom 08.07.2008 - XI ZR 230/07).

3. Ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach "Hamburger Brauch" wird - anders als ein Anspruch auf Zahlung einer festen Vertragsstrafe (vgl. BGH, Urteil vom 11.03.1971 - VII ZR 112/69; BGH, Urteil vom 19.05.2022 - VII ZR 149/21) - nicht schon mit der Zuwiderhandlung fällig, sondern erst, wenn der Gläubiger nach § 315 Abs. 1 und 2 BGB sein Leistungsbestimmungsrecht gegenüber dem Schuldner verbindlich ausgeübt und die Höhe der verwirkten Vertragsstrafe wirksam konkretisiert hat (vgl. BGH, Urteil vom 04.04.2006 - X ZR 122/05; zur Leistungsbestimmung durch Urteil vgl. BGH, Urteil vom 04.07.2013 - III ZR 52/12).

4. Bei einem Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach "Hamburger Brauch" beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist nicht, bevor der Gläubiger die Höhe der vom Schuldner verwirkten Vertragsstrafe festgelegt hat und der Vertragsstrafeanspruch damit fällig geworden ist.

MIR 2022, Dok. 089


Anm. der Redaktion: Leitsatz 4 ist der amtliche Leitsatz des Gerichts.
Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 18.11.2022
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3232

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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