Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
OLG Hamburg, Urteil vom 09.12.2021 - 5 U 180/20
Hausverkauf zum Höchstpreis - Die Werbung im Internet mit der Aussage "Hausverkauf zum Höchstpreis" kann als Angabe im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG und damit als Spitzen- bzw. Alleinstellungsbehauptung irreführend sein
UWG §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1; 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2
Leitsätze:*1. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist nach § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die dort in den Nummern 1. bis 7. genannten Umstände enthält. In diesem Zusammenhang kommt es auf die Sichtweise eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers an, der einer Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (BGH, Urteil vom 05.11.2015 - I ZR 182/14, MIR 2016, Dok. 010 - Durchgestrichener Preis II, m.w.N.).
2. Angaben gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG sind Aussagen eines Unternehmens, die sich auf Tatsachen beziehen und daher inhaltlich nachprüfbar sind. Lässt sich einer Werbung keine Information entnehmen, fehlt es an einer Angabe. Andererseits können auch Werturteile irreführende Angaben enthalten, wenn sie erkennbar auf Tatsachen beruhen, sich also Richtigkeit oder Unrichtigkeit objektiv nachprüfen lässt. Zumindest der Verkehr, auf dessen Auffassung es hier ankommt, muss der Werbung - soll sie als irreführend untersagt werden - eine inhaltlich nachprüfbare Aussage entnehmen (mit Verweis auf: BGH, 03.05.2001 - I ZR 318/98 - Das Beste jeden Morgen). Eine Werbeaussage, die nach der Auffassung des Verkehrs inhaltlich nichts aussagt, ist begrifflich keine Angabe, weil ihr der Informationsgehalt fehlt. Die Frage, ob überhaupt eine inhaltlich nachprüfbare Aussage über geschäftliche Verhältnisse irgendwelcher Art vorliegt (und nicht nur eine reklamehafte Übertreibung), ist dabei von der Frage zu unterscheiden, ob der Verkehr durch die Angabe irregeführt wird.
3. Eine Werbung im Internet mit der Aussage "Hausverkauf zum Höchstpreis" kann eine Angabe im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG darstellen. Der angesprochene Verkehr (hier: der durchschnittliche Interessent im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Immobilie) entnimmt dieser Werbeaussage eine inhaltlich nachprüfbare Aussage(hier: hinischtlich des mit dem Hausverkauf erzielten Preises), die daher als Spitzen- bzw. Alleinstellungsbehauptung irreführend sein kann (wird ausgeführt).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 27.01.2022
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3152
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Bundesgerichtshof, MIR 2019, Dok. 034
Metall auf Metall, Szene BGH V, Instanz 11 - Fragen zum urheberrechtlichen Begriff des Pastiches dem EuGH vorgelegt
Bundesgerichtshof, MIR 2023, Dok. 061
Levola Hengelo - Der Geschmack eines Lebensmittels (hier Streichkäse) genießt keinen urheberrechtlichen Schutz
EuGH, Urteil vom 13.11.2018 - C-310/17, MIR 2018, Dok. 051
Risiko ungeklärter Sachlage nach Abmahnung - Kostentragungspflicht und Veranlassung für ein gerichtliches Verfahren grundsätzlich auch bei außergerichtlicher Korrespondenz
OLG Koblenz, Beschluss vom 23.10.2017 - 9 U 895/17, MIR 2017, Dok. 042
Follower-Anzahl - Zur Streitwertbestimmung bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen Äußerung auf Instagram
KG Berlin, Beschluss vom 08.09.2020 - 5 W 1023/20, MIR 2021, Dok. 052