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Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht



OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 28.10.2021 - 6 U 147/20

Entgangener Gewinn - Die Schadensberechnung nach dem entgangenen Gewinn im Wettbewerbsrecht erfordert die Darlegung der Kalkulationsgrundlagen des Verletzten und den Nachweis der Kausalität zwischen Verletzung und Schaden

UWG §§ 3a, 9; StVZO § 22a Abs 1 Nr. 6; BGB § 252; ZPO § 287

Leitsätze:*

1. Die sogenannte dreifache Schadensberechnung ist, soweit es die Rechte des geistigen Eigentums betrifft, durch das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7.7.2008 in Umsetzung der Durchsetzungsrichtlinie 2004/48/EG vom 29.4.2004 einheitlich geregelt worden (dazu BGH, Urteil vom 25.03.2010 - I ZR 122/08 - Werbung eines Nachrichtensenders). Danach kann bei der Bemessung des Schadensersatzes auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann ferner auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des Rechts eingeholt hätte, oder auf der Grundlage des entgangenen eigenen Gewinns. Diese Grundsätze sind nicht nur bei Schutzrechten, sondern - mit Einschränkungen - auch im Lauterkeitsrecht anwendbar. Die dreifache Schadensberechnung ist insoweit anerkannt bei Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung der nach § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 3 und Nr. 4 UWG geschützten Leistungen (BGH, Urteil vom 17.06.1992 - I ZR 107/90 - Tchibo/Rolex II; BGH, Urteil vom 22.04.1993 - I ZR 52/91 - Kollektion "Holiday"; BGH, Urteil vom 06.06.2002 - I ZR 79/00 - Titelexklusivität; BGH, Urteil vom 21.09.2006 - I ZR 6/04 - Steckverbindergehäuse; BGH, Urteil vom 04.05.2016 - I ZR 58/14 - Segmentstruktur). Eine Anwendung der Grundsätze der dreifachen Schadensberechnung auf sonstige Wettbewerbsverstöße (z.B. § 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Nr. 1 und 2 UWG) kommt dagegen in der Regel nicht in Betracht. Denn insoweit weist das Lauterkeitsrecht dem Mitbewerber keine dem Schutz der Leistung vergleichbare schützenswerte Marktposition zu.

2. Entscheidet sich der Geschädigte für eine Schadensberechnung nach dem entgangenen Gewinn, ist er gehalten, die Kalkulation für seine Ware unter Darlegung der Erlöse und der produktbezogenen Kosten zu offenbaren. Es ist nicht ausreichend, ein Parteigutachten vorzulegen, das einen entgangenen Gewinn behauptet, ohne die Kalkulationsgrundlagen darzulegen.

3. Die Kausalität zwischen Verletzungshandlung und entgangenem Gewinn ist nicht schlüssig dargelegt, wenn der Verletzer die deutsche Tochtergesellschaft der ausländischen Herstellerin ist und die Waren ausschließlich ins Ausland weitergeliefert worden sind.

4. Dem Verletzten obliegt es, die Kausalität zwischen der Verletzung und dem ihm entgangenen Gewinn nachzuweisen. Die Befugnis zur Schätzung der Höhe des Gewinns schließt auch alle Kausalitäts- und Zurechnungsfragen mit ein. Für den Nachweis eines Schadens bestehen in der Natur der Sache liegende Beweisschwierigkeiten, vor allem was die künftige Entwicklung des Geschäftsverlaufs betrifft.

MIR 2022, Dok. 001


Anm. der Redaktion: Leitsätze 2 und 3 sind die Leitsätze des Gerichts.
Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 04.01.2022
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3144

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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