Rechtsprechung // Markenrecht
BGH, Urteil vom 22.09.2021 - I ZR 20/21
Layher - Berechnung des Schadensersatzanspruchs im Rahmen der Lizenzanalogie auf Grundlage einer Umsatzlizenz bei einer Zeichennutzung allein in der Werbung
MarkenG § 14 Abs. 6 Satz 3; ZPO § 287 Abs. 1
Leitsätze:*1. Bei der Schadensberechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ist maßgeblich, was vernünftige Vertragsparteien bei Abschluss eines Lizenzvertrags als Vergütung für die Benutzung des Kennzeichens vereinbart hätten. Hierfür ist der objektive Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung zu ermitteln, der in der angemessenen und üblichen Lizenzgebühr besteht (vgl. BGH, Urteil vom 29.07.2009 - I ZR 169/07 - BTK; BGH, Urteil vom 18.06.2020 - I ZR 93/19 - Nachlizenzierung, mwN). Zur Beurteilung der Frage, welcher Lizenzsatz bei der Verletzung eines Kennzeichenrechts angemessen ist, ist auf die verkehrsübliche Lizenzgebühr abzustellen, die für die Erteilung des Rechts zur Benutzung des Kennzeichens zu zahlen wäre. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die auch bei freien Lizenzverhandlungen auf die Höhe der Vergütung Einfluss gehabt hätten (zum Designrecht vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2005 - I ZR 263/02 - Catwalk, mwN). Als Ausgangspunkt der Beurteilung kann die Bandbreite marktüblicher Lizenzsätze für die in Rede stehende Kennzeichenart herangezogen werden (vgl. BGH, Urteil vom 29.07.2009 - I ZR 169/07 - BTK, mwN). Bei Kennzeichen spielen als wertbildende Faktoren der Bekanntheitsgrad und der Ruf des Zeichens eine maßgebliche Rolle. Außerdem kommt es auf das Maß der Verwechslungsgefahr an (vgl. BGH, Urteil vom 29.07.2009 - I ZR 169/07 - BTK), insbesondere auf den Grad der Zeichenähnlichkeit (zum Designrecht vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2005 - I ZR 263/02 - Catwalk). Daneben sind Umfang (zum Urheberrecht vgl. BGH, Urteil vom 02.10.2008 - I ZR 6/06 - Whistling for a train) und Dauer der Verletzungshandlung (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2003, 209, 210) ebenso zu berücksichtigen wie deren Intensität (zum Designrecht vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2005 - I ZR 263/02 - Catwalk; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2003, 209, 211). Auch ein Marktverwirrungsschaden kann in die Bemessung der Lizenzgebühr einzubeziehen sein (vgl. BGH, Urteil vom 29.07.2009 - I ZR 169/07 - BTK). Die Erhöhung des Lizenzsatzes durch einen Verletzerzuschlag kommt nicht in Betracht; ein solcher Zuschlag ist mit den Grundlagen des deutschen Schadensersatzrechts unvereinbar (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.2020 - I ZR 93/19, MIR 2020, Dok. 066 - Nachlizenzierung).
2. Die Höhe der danach als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr ist vom Tatgericht gemäß § 287 Abs. 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen. Diese Schadensschätzung unterliegt nur einer beschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Überprüfbar ist lediglich, ob das Tatgericht Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.2020 - I ZR 93/19, MIR 2020, Dok. 066 - Nachlizenzierung; BGH, Urteil vom 27.07.2021 - VI ZR 480/19; vgl. auch BGH, Urteil vom 29.07.2009 - I ZR 169/07 - BTK).
3.
a) Wird ein Zeichen allein in der Werbung markenrechtsverletzend genutzt, schließt das nicht von vornherein aus, den Schadensersatzanspruch im Rahmen der Lizenzanalogie auf der Grundlage einer Umsatzlizenz zu berechnen. Die Wahl der Berechnungsgrundlage ist im Rahmen des § 287 Abs. 1 ZPO in erster Linie Sache des Tatgerichts.
b) Bei der Berechnung des Schadensersatzanspruchs auf der Basis einer Umsatzlizenz kann eine Lizenzminderung bei einer Markenrechtsverletzung nur in der Werbung nicht damit begründet werden, es werde an einen Umsatz angeknüpft, der nur zu einem geringen Teil auf der Markenrechtsverletzung beruhe (Fortführung von BGH, Urteil vom 29. Juli 2009 - I ZR 169/07, GRUR 2010, 239 = WRP 2010, 384 - BTK). Der Umstand, dass die Markenrechtsverletzung sich auf die Werbung beschränkt, kann aber wegen einer möglicherweise geringeren Intensität der Markenrechtsverletzung lizenzmindernd zu berücksichtigen sein.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 03.12.2021
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3136
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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