Kurz notiert // Wettbewerbsrecht
Oberlandesgricht Frankfurt a.M.
Premiummineralwasser in Bio-Qualität muss von Natur aus unbehandelt und praktisch rein sein
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 29.04.2021 - 6 U 200/19; Vorinstanz: LG Frankfurt a.M., Urteil vom 04.09.2019 - 2/6 O 407/18
MIR 2021, Dok. 036, Rz. 1
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Von einem als "Premiummineralwasser in Bio-Qualität" beworbenen Mineralwasser wird nicht nur erwartet, dass es deutlich reiner ist als herkömmliches Mineralwasser, sondern auch unbehandelt. Der Verkehr rechnet nicht damit, dass das Mineralwasser mit einen so hohen Arsenanteil gefördert wird, dass es schon den Anforderungen an die Mineral- und Tafelwasserverordnung (MTVO) nicht genügt und deshalb nachbehandelt werden muss. Die Durchleitung des geförderten Rohwassers durch Mangansand zur Anbindung des Arsens stellt eine derartige Nachbehandlung dar. So eine Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. vom 29.04.2021 (6 U 200/19), mit der das Gericht zahlreiche auf die "Bio-Qualität" bezogene Werbeaussagen des betreffenden Mineralwassers verboten hat.
Zur Sache: Ein reines Naturprodukt mit zuviel Arsen
Die Beklagte zu 1) vertreibt in Deutschland ein Mineralwasser als "Premiummineralwasser in Bio-Qualität" mit einem von der Beklagten zu 2) vergebenen Qualitätssiegel. Sie bewirbt es u.a. als "reines Naturprodukt, das im Vergleich zu vielen anderen Wasserarten nicht behandelt wird". Das Wasser enthält bei Förderung aus der Quelle einen Arsengehalt, der nach der MTVO zu hoch ist. Zur Reduzierung des Arsengehalts wird das Rohwasser vor Abfüllung für etwa 10-30 Minuten durch einen manganhaltigen Sand geleitet. Anschließend findet noch eine mechanische Partikelfilterung statt. Die klagende Getränkeherstellerin hält u.a. wegen dieser Behandlung die auf die Bio- Thematik bezogenen Werbeaussagen und die Verwendung des Qualitätssiegels für wettbewerbswidrig. Das Landgericht hatte2der Klage lediglich hinsichtlich eines Teils der Unterlassungsanträge gegenüber der Beklagten zu 1) stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.
Entscheidung des Gerichts: Verkehrserwartung "rein und unbehandelt" - natürliche Reinheit
Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG ganz überwiegend Erfolg.
Die auf die "Bio-Qualität" des Mineralwassers bezogenen Werbeaussagen seien irreführend. Der Verbraucher erwarte bei einem mit dem Zusatz "Bio" bezeichneten Mineralwasser nicht nur, dass es deutlich reiner sei als herkömmliche Mineralwasser, sondern auch unbehandelt, da es von Natur aus bestimmte Reinheitserfordernisse erfülle.
Kein natürliches Produkt, da Rohwasser mit zuviel Arsen Behandlung erfordert
Entgegen der durch die Werbung verursachten Verkehrserwartung handele es sich vorliegend jedoch nicht um ein unbehandeltes natürliches Produkt. Das geförderte Rohwasser weise vielmehr einen nach der MTVO unzulässig hohen Arsenanteil auf, welcher die Durchleitung durch Mangansand erfordere. Ob es sich bei der Durchleitung um einen physikalischen oder - wohl naheliegender - chemischen Vorgang handele, könne offen- bleiben. Jedenfalls gehe die Behandlung über das bloße Herausfiltern von gelösten Schwebeteilchen hinaus, so dass kein unbehandeltes Naturprodukt mehr vorliege.
Sei die Bewerbung als Mineralwasser mit "Bio-Qualität" irreführend, treffe dies auch auf das Siegel "Premiummineralwasser in Bio-Qualität" zu.
(tg) - PM Nr. 28/2021 des BGH vom 04.05.2021
Zur Sache: Ein reines Naturprodukt mit zuviel Arsen
Die Beklagte zu 1) vertreibt in Deutschland ein Mineralwasser als "Premiummineralwasser in Bio-Qualität" mit einem von der Beklagten zu 2) vergebenen Qualitätssiegel. Sie bewirbt es u.a. als "reines Naturprodukt, das im Vergleich zu vielen anderen Wasserarten nicht behandelt wird". Das Wasser enthält bei Förderung aus der Quelle einen Arsengehalt, der nach der MTVO zu hoch ist. Zur Reduzierung des Arsengehalts wird das Rohwasser vor Abfüllung für etwa 10-30 Minuten durch einen manganhaltigen Sand geleitet. Anschließend findet noch eine mechanische Partikelfilterung statt. Die klagende Getränkeherstellerin hält u.a. wegen dieser Behandlung die auf die Bio- Thematik bezogenen Werbeaussagen und die Verwendung des Qualitätssiegels für wettbewerbswidrig. Das Landgericht hatte2der Klage lediglich hinsichtlich eines Teils der Unterlassungsanträge gegenüber der Beklagten zu 1) stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.
Entscheidung des Gerichts: Verkehrserwartung "rein und unbehandelt" - natürliche Reinheit
Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG ganz überwiegend Erfolg.
Die auf die "Bio-Qualität" des Mineralwassers bezogenen Werbeaussagen seien irreführend. Der Verbraucher erwarte bei einem mit dem Zusatz "Bio" bezeichneten Mineralwasser nicht nur, dass es deutlich reiner sei als herkömmliche Mineralwasser, sondern auch unbehandelt, da es von Natur aus bestimmte Reinheitserfordernisse erfülle.
Kein natürliches Produkt, da Rohwasser mit zuviel Arsen Behandlung erfordert
Entgegen der durch die Werbung verursachten Verkehrserwartung handele es sich vorliegend jedoch nicht um ein unbehandeltes natürliches Produkt. Das geförderte Rohwasser weise vielmehr einen nach der MTVO unzulässig hohen Arsenanteil auf, welcher die Durchleitung durch Mangansand erfordere. Ob es sich bei der Durchleitung um einen physikalischen oder - wohl naheliegender - chemischen Vorgang handele, könne offen- bleiben. Jedenfalls gehe die Behandlung über das bloße Herausfiltern von gelösten Schwebeteilchen hinaus, so dass kein unbehandeltes Naturprodukt mehr vorliege.
Sei die Bewerbung als Mineralwasser mit "Bio-Qualität" irreführend, treffe dies auch auf das Siegel "Premiummineralwasser in Bio-Qualität" zu.
(tg) - PM Nr. 28/2021 des BGH vom 04.05.2021
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 04.05.2021
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3077
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