Rechtsprechung // Domainrecht
OLG Braunschweig, Urteil vom 25.03.2021 - 2 U 35/20
Rechtsschutz gegen unberechtigten Dispute-Eintrag - Der Domaininhaber kann von einem Dritten die Löschung des Eintrags gemäß § 812 Abs. 1 BGB verlangen
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2
Leitsätze:*1. Als erlangtes Etwas im Sinne der allgemeinen Eingriffskondiktion des § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. BGB kommt jeder vermögensrechtlich nutzbare Vorteil in Betracht, der von der Rechtsordnung einer bestimmten Person zugewiesen sein kann. Hierzu zählen nicht nur alle absoluten Rechte, der Besitz sowie Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten, sondern ebenso vorteilhafte Rechtsstellungen sonstiger Art, wie beispielsweise die Stellung eines Forderungsprätendenten bezüglich eines hinterlegten Betrags (vgl. BGH, Urteil v. 18.01.2012 - I ZR 187/10 - gewinn.de). Der DISPUTE-Eintrag sichert insoweit nicht nur die Priorität gegenüber etwaigen weiteren Gleichnamigen, sondern bewirkt für sich auch einen Domainerwerb, sofern die Domain freigegeben wird. Diese für den Beklagten vorteilhafte und vermögensrechtlich verwertbare Rechtsposition ähnelt einer Anwartschaft auf die Domainregistrierung und stellt ein „Etwas“ im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. BGB dar (ebenso OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.03.2016 - 20 U 55/15).
2. Rechtlicher Anknüpfungspunkt für den Bereicherungsanspruch ist die Verletzung einer Rechtsposition, die nach der Rechtsordnung dem Berechtigten zu dessen ausschließlicher Verfügung und Verwertung zugewiesen ist. Der erlangte Vermögensvorteil muss dem Zuweisungsgehalt der verletzten Rechtsposition widersprechen, so dass der Eingriffskondiktion jeder vermögensrechtliche Vorteil unterliegt, den der Erwerber nur unter Verletzung einer geschützten Rechtsposition und der alleinigen Verwertungsbefugnis ("auf Kosten") des Rechtsinhabers erlangen konnte (vgl. BGH, Urteil vom 18.01.2012 - I ZR 187/10 - gewinn.de). Da die Domain für den Domaininhaber nach den Denic-Domainbedingungen regelmäßig übertragbar ist, eine mit einem DISPUTE-Eintrag versehene Domain von dem Inhaber jedoch nicht auf einen Dritten übertragen werden kann, liegt ein Eingriff in die durch die Domainregistrierung von der Klägerin erlangte Rechtsposition vor. Die Folge hiervon ist, dass der Beklagte seine Rechtsposition „auf Kosten“ derjenigen der Klägerin erlangt hat, weil diese die uneingeschränkte wirtschaftliche Verwertbarkeit der Domain verliert.
3. Der Domaininhaber kann von einem Dritten, der einen unberechtigten Dispute-Eintrag veranlasst hat, die Löschung des Eintrags gemäß § 812 Abs. 1 BGB verlangen.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 28.04.2021
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3075
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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