Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 04.02.2021 - 6 U 269/19
Servicegebühr - Preiswerbung für Fitnessstudio-Verträge ohne Einbeziehung von quartalsweise zu zahlenden Servicegebühren unzulässig
UWG §§ 3a, 8 Abs. 4, a.F.; UWG § 8c Abs. 1 n.F; PAngV 1 Abs. 1 Satz 1
Leitsätze:*1. Die Preiswerbung für einen Fitnessstudio-Vertrag ohne Einbeziehung einer quartalsweise zu zahlenden "Servicegebühr" verstößt gegen die Pflicht zur Grundpreisangabe in § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV.
2. Der Verletzer kann der Inanspruchnahme durch einen Verband nicht entgegenhalten, die Wettbewerber würden sich ebenso unlauter verhalten.
3. Verhalten sich mehrere Wettbewerber unlauter, stellt die Inanspruchnahme nur eines Verletzers durch einen Verband ohne das Hinzutreten weiterer Umstände keinen Rechtsmissbrauch dar.
4. Es ist grundsätzlich nicht missbräuchlich, wenn ein (anspruchsberechtigter) Verband nur gegen einen oder einzelne von mehreren Verletzern vorgeht, denn es steht selbst dem Verletzer frei, seinerseits gegen andere Verletzer vorzugehen, bzw. darf ein Verband, der eine Rechtsfrage höchstrichterlich klären lassen will, zunächst gegen einen Dritten vorgehen und muss nicht auch ein eigenes Mitglied in Anspruch. Es gibt daher keine Obliegenheit eines Verbands, auch gegen eigene Mitglieder vorzugehen, auf die sich der außenstehende Dritte berufen könnte. Daher ist auch in solchen Fällen zu fragen, ob der Verband überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen. Dabei sind, wie es § 8 Abs. 4 UWG verlangt, die Gesamtumstände zu berücksichtigen. So ist beispielsweise ein Missbrauch anzunehmen, wenn ein Verband mit seinem ausschließlichen Vorgehen gegen Nichtmitglieder bezweckt, neue Mitglieder zu werben, die dann Schutz vor Verfolgung durch den Verband genießen.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 13.04.2021
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3072
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Bundesgerichtshof, MIR 2022, Dok. 086
Wettbewerbswidrige Schrottbücher - Negative Äußerungen eines Autors über Bücher von Wettbewerbern in sozialen Netzwerken kein Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 11.03.2022 - 6 W 14/22, MIR 2022, Dok. 033
Auslistungsbegehren gegen Google - Zu den Voraussetzungen und den Anforderungen des Auslistungsanspruchs nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO
BGH, Urteil vom 23.05.2023 - VI ZR 476/18, MIR 2023, Dok. 050
Influencerwerbung bei Instagram - Die Kennzeichnung von Werbung mit dem Hashtag #ad am Ende eines Posts in sozialen Medien ist nicht ausreichend
OLG Celle, Urteil vom 08.06.2017 - 13 U 53/17, MIR 2017, Dok. 034
Stoffmaske als Medizinprodukt? - Großhändler muss beim Vertrieb einer bedruckten "Alltagsmaske" in Form einer "textilen Mund-Nasen-Bedeckung" nicht klarstellen, dass es sich nicht um ein Medizinprodukt handelt
Oberlandesgericht Hamm, MIR 2020, Dok. 097