Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
BGH, Urteil vom 22.09.2020 - XI ZR 162/19
Kumulative Informationspflichten zur Verbraucherstreitbeilegung - Die Informationen nach § 36 Abs. 1 VSBG sind auf der Website und bei deren Verwendung auch in den AGB zu erteilen
VSBG § 36 Abs. 1 und 2; UKlaG § 2 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 12; Richtlinie 2013/11/EU Art. 13 Abs. 2; § 888 ZPO
Leitsätze:*1. Allgemeine Geschäftsbedingungen werden im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 VSBG bereits dadurch verwendet, dass diese vom Unternehmer auf einer Webseite bereitstellt werden, ohne dass es darauf ankommt, ob die Webseite zum Abschluss von Verbraucherverträgen genutzt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 25.06.2020 - C-380/19 - Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände). Art. 13 Richtlinie 2013/11/EU beschränkt die darin vorgesehene Informationspflicht nicht auf Fälle, in denen der Unternehmer die Verträge mit den Verbrauchern über seine Webseite abschließt (EuGH, Urteil vom 25.06.2020 - C-380/19 - Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände).
2. Wenn ein Unternehmer sowohl eine Webseite unterhält als auch Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, müssen die Informationen nach § 36 Abs. 1 VSBG sowohl gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 1 VSBG auf seiner Webseite erscheinen als auch gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 VSBG in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgenommen werden.
3. Die Pflichten aus § 36 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VSBG sind kumulativ zu erfüllen.
4. Ein Unterlassungsantrag liegt nicht schon dann vor, wenn dem Wortlaut des Antrags nach eine Unterlassung formuliert wird. Der Antrag muss vielmehr seinem Inhalt nach eine Unterlassung bezwecken (OLG Köln, Urteil vom 28.04.2017 - 6 U 152/16). Wird mit einem Antrag tatsächlich eine „negative Unterlassung“ und damit in der Sache die Vornahme einer – nicht vertretbaren - Handlung begehrt (hier: „unterlässt, (...) nicht über (...) zu informieren“), findet eine Androhung von Zwangsmitteln nicht statt (§ 888 Abs. 2 ZPO).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 02.11.2020
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3021
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 28.06.2018 - I ZR 257/16, MIR 2018, Dok. 043
Aushang eines Mietvertrags mit personenbezogenen Daten - Zum Unterlassungsanspruch wegen einer rechtswidrigen Datenverarbeitung
LG Frankfurt a.M, Beschluss vom 15.10.2020 - 2-03 O 356/20, MIR 2020, Dok. 081
Grenzen bei der Berücksichtigung gerichtsbekannter Tatsachen - Der Umstand, dass eine Tatsache gerichtsbekannt ist, ersetzt regelmäßig nicht den entsprechenden Parteivortrag, sondern nur die Beweisbedürftigkeit
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 09.06.2022 - 6 U 134/21, MIR 2022, Dok. 052
Kinderzahnarztpraxis - Zum Verkehrsverständnis und dessen Beurteilung aus der eigenen Sachkunde und Lebenserfahrung des Gerichts im Bereich der Kinderzahnheilkunde
BGH, Urteil vom 07.04.2022 - I ZR 217/20, MIR 2022, Dok. 035
Bezahlte Rezensionen im Internet - Zur natürlichen Handlungseinheit bei Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Unterlassungspflichten
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 12.01.2022 - 6 W 106/21, MIR 2022, Dok. 032