Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
BGH, Urteil vom 19.12.2019 - I ZR 163/16
Rückrufsystem II - Kontaktmöglichkeiten und Rückrufservice von Amazon genügen den Informationspflichten gemäß Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 4 Abs. 1 EGBGB
Richtlinie 2011/83/EU Art. 6 Abs. 1 Buchst. c; EGBGB Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 4 Abs. 1, Abs. 3; BGB § 312d Abs. 1 Satz 1
Leitsätze:*1. Nach Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGBGB ist der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher seine Identität, beispielsweise seinen Handelsnamen sowie die Anschrift des Ortes, an dem er niedergelassen ist, seine Telefonnummer und gegebenenfalls seine Telefaxnummer und E-Mail-Adresse sowie gegebenenfalls die Anschrift und die Identität des Unternehmers, in dessen Auftrag er handelt, zur Verfügung zu stellen. Gemäß Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB muss der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung stellen.
2. Die Wendung "gegebenenfalls" in Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU ist nach dem Kontext der Bestimmung und dem von der Richtlinie verfolgten Zweck dahin auszulegen, dass sie die Fälle erfasst, in denen der Unternehmer über eine Telefonnummer oder Telefaxnummer verfügt und er diese nicht allein zu anderen Zwecken als dem Kontakt mit den Verbrauchern verwendet. Anderenfalls verpflichtet ihn diese Bestimmung nicht, den Verbraucher über diese Telefonnummer zu informieren oder gar einen Telefon- oder Faxanschluss bzw. ein E-Mail-Konto neu einzurichten, damit die Verbraucher mit ihm in Kontakt treten können (EuGH, Urteil vom 10.07.2019 - C-649/17 - Bundesverband/Amazon EU). Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU erlaubt es zudem, dass der Unternehmer andere Kommunikationsmittel zur Verfügung stellt als solche für die Kommunikation per Telefon, Telefax oder E-Mail, um die Kriterien einer direkten und effizienten Kommunikation zu erfüllen. Dies kann beispielsweise durch ein elektronisches Kontaktformular geschehen, durch das sich die Verbraucher über das Internet an den Unternehmer wenden können und über das sie eine schriftliche Antwort erhalten oder schnell zurückgerufen werden können. Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU steht insbesondere einer Praxis nicht entgegen, nach der ein Unternehmer, der Waren oder Dienstleistungen online anbietet und eine Telefonnummer hat, die nach wenigen Klicks verfügbar ist, den Verbraucher ermuntert, andere, nicht in dieser Bestimmung angeführte Kommunikationsmittel zu benutzen, wie einen Internet-Chat oder ein Rückrufsystem, damit der Verbraucher schnell mit ihm in Kontakt treten und effizient mit ihm kommunizieren kann, sofern die Informationen, die der Unternehmer nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU zur Verfügung stellen muss, insbesondere die genannte Telefonnummer, in klarer und verständlicher Weise zugänglich gemacht werden. Geht es um den Verkauf verschiedener Waren online über eine Internetseite, steht es der Erfüllung der Anforderungen an eine klare und verständliche Information im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU nicht entgegen, wenn die Telefonnummer erst nach einer Reihe von Klicks verfügbar ist (EuGH, Urteil vom 10.07.2019 - C-649/17 - Bundesverband/Amazon EU).
3. Hat der Verbraucher beim Bestellvorgang in einem Onlineshop vor Abschluss der Bestellung die Möglichkeit, einen mit "Kontaktieren Sie uns" gekennzeichneten elektronischen Verweis ("Link") zu betätigen und so mit dem Verkäufer in schriftlicher Form durch eine E-Mail oder einen Internet-Chat Kontakt aufzunehmen oder aber sich von ihm über ein Rückrufsystem sofort oder innerhalb von fünf Minuten und damit zeitnah zurückrufen zu lassen, genügt dies den Informationspflichten über die Kontaktmöglichkeiten gemäß Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 4 Abs. 1 EGBGB.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 23.04.2020
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2976
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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