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Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht



BGH, Urteil vom 25.04.2019 - I ZR 93/17

Prämiensparverträge - Zur Täuschung geeignete Angaben im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 UWG können unter bestimmten Voraussetzungen auch Meinungsäußerungen sein

UWG § 5 Abs. 1 Satz 2; UKlaG § 2 Abs. 1 Satz 1

Leitsätze:*

a) Zur Täuschung geeignete Angaben im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 UWG sind nicht nur Tatsachenbehauptungen, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch Meinungsäußerungen.

b) Für die Frage, ob Aussagen über die Rechtslage von § 5 Abs. 1 UWG erfasst werden, ist entscheidend, wie der Verbraucher die Äußerung des Unternehmers unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Art und Weise der Äußerung auffasst.

c) Ist für die betroffenen Verkehrskreise erkennbar, dass es sich um eine im Rahmen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung geäußerte Rechtsansicht handelt, fehlt dieser Äußerung die zur Erfüllung des Tatbestands der Irreführung erforderliche Eignung zur Täuschung.

d) Dagegen erfasst § 5 Abs. 1 UWG Äußerungen, in denen der Unternehmer gegenüber Verbrauchern eine eindeutige Rechtslage behauptet, die tatsächlich nicht besteht, sofern der angesprochene Kunde die Aussage nicht als Äußerung einer Rechtsansicht, sondern als Feststellung versteht. Ebenso ist eine objektiv falsche rechtliche Auskunft eines Unternehmers, die er auf eine ausdrückliche Nachfrage des Verbrauchers erteilt, zur Irreführung und Beeinflussung des Verbrauchers geeignet.

e) Bei den Bestimmungen der §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 7 UWG handelt es sich um Verbraucherschutzgesetze im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG.

MIR 2019, Dok. 019


Anm. der Redaktion: Leitsätze 1 a) - e) sind die amtlichen Leitsätze des Gerichts.

Der Bundesgerichtshof sah insbesondere auch keine Rechtsfehler in der tatrichterlichen Annahme, der Formulierung in dem Kündigungsschreiben einer Bank (hier: der Beklagten), wonach eine (Vertrags-) Laufzeit nicht vereinbart worden und der Vertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündbar sei und bei der nicht behauptet wird, dass diese Auffassung der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht oder einhellige Meinung sei, entnehme ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Bankkunde nur, dass die Bank den Vertrag für kündbar hält und dabei sei auch nicht erforderlich, dass in die Formulierung zusätzlich eine Einschränkung wie "nach unserer Rechtsauffassung" aufgenommen wird. Die Adressaten entsprechender Kündigungsschreiben hätten insoweit keinen Anlass anzunehmen, Aussagen wie "bei den bestehenden Verträgen handelt es sich um Einlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist" sowie "Wir kündigen deshalb den mit Ihnen bestehenden Sparvertrag ... unter Einhaltung der dreimonatigen Kündigungsfrist ..." entsprächen einer gesicherten Rechtslage (vgl. Rz. 34 und 35). Die - tatsächliche - Eignung zur Täuschung bleibt damit leitendes Abgrenzungskriterium und diese vor allem auch bei der Beurteilung der Frage, ob Meinungsäußerungen oder - wie hier - die Äußerung einer Rechtsauffassung im konkreten Einzelfall zur Irreführung des Verbrauchers geeignet ist, mit der (notwendigen) Folge, dass der Verbraucher hierdurch tatsächlich oder aber voraussichtlich zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst wird, die er ohne die fragliche Täuschung nicht getroffen hätte. (Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher)
Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 29.05.2019
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2924

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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