Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
BGH, Urteil vom 18.10.2017 - I ZR 84/16
Kraftfahrzeugwerbung - Zum Vorliegen eines Angebots im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG und den zu erteilenden, wesentlichen Informationen über die Identität und Anschrift des Unternehmers
UWG § 5a Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2
Leitsätze:*1. Werden Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, gilt nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG die Information über die Identität und Anschrift des Unternehmers, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, als wesentlich.
2. Unter einer "Aufforderung zum Kauf" im Sinne von Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG - und damit unter einem Angebot im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG - ist nach Art. 2 Buchst. i dieser Richtlinie jede kommerzielle Kommunikation zu verstehen, die die Merkmale des Produkts und den Preis in einer Weise angibt, die den Mitteln der verwendeten kommerziellen Kommunikation angemessen ist und den Verbraucher dadurch in die Lage versetzt, einen Kauf zu tätigen. Dafür ist eine Werbung erforderlich, durch die der Verbraucher so viel über das beworbene Produkt und dessen Preis erfährt, dass er sich für den Kauf entscheiden kann, ohne dass er durch die Art der kommerziellen Kommunikation schon die tatsächliche Möglichkeit zum Kauf erlangt oder die Auswahl anderer Ausführungen des Produkts aufgegeben haben muss (vgl. EuGH, Urteil vom 12.05.2011 - C-122/10, Slg. 2011, I-3903 - Ving Sverige; EuGH, Urteil vom 26.10.2016 - C-611/14 - Canal Digital; BGH, Urteil vom 02.03.2017 - I ZR 41/16 - Komplettküchen).
3.
a) Ein Angebot im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG setzt nicht voraus, dass bereits alle wesentlichen Merkmale des Produkts in einem dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Umfang angegeben werden.
b) Wenn der Geschäftsbetrieb des Unternehmers keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, muss der Unternehmer bei einem Angebot im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG seinen Vornamen und seinen Zunamen sowie seine Anschrift angeben.
c) Wenn der Geschäftsbetrieb des Unternehmers einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, muss von Einzelkaufleuten bei einem Angebot im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG die Firma mit der Rechtsformbezeichnung "eingetragener Kaufmann" oder einer allgemein verständlichen Abkürzung dieser Bezeichnung angegeben werden.
d) Wenn nichts Gegenteiliges vorgetragen ist, ist nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass der Verbraucher bei einem Angebot im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG die Information über die Identität des potentiellen Geschäftspartners für eine informierte geschäftliche Entscheidung benötigt.
4. Wenn Waren oder Dienstleistungen angeboten werden, gelten nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG Informationen über die Identität und Anschrift des Unternehmers, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben, als wesentlich im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG. Daraus folgt die Pflicht zur Identifizierung des Vertragspartners, und zwar einschließlich eines etwaigen Rechtsformzusatzes, da dieser Bestandteil der Firma ist (vgl. BGH, Urteil vom 18.04.2013 - I ZR 180/12, MIR 2013, Dok. 063 - Brandneu von der IFA; BGH, Urteil vom 09.10.2013 - I ZR 24/12, MIR 2014, Dok. 091 - Alpenpanorama im Heißluftballon). Die Mitteilung der Identität des Vertragspartners gilt für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers als wesentlich, weil sie diesen in die Lage versetzt, den Ruf des Unternehmers im Hinblick auf die Qualität und Zuverlässigkeit der von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen sowie seine wirtschaftliche Bonität und Haftung einzuschätzen (BGH, Urteil vom 18.04.2013 - I ZR 180/12, MIR 2013, Dok. 063 - Brandneu von der IFA). Diese Umstände können von der Rechtsform des Unternehmens oder bei fehlender eigener Rechtspersönlichkeit des Unternehmens von der Person seines Inhabers abhängen.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 08.02.2018
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2855
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