Kurz notiert // Zivilrecht
Bundesgerichtshof
eBay-"Abbruchjäger" scheitert bereits an Prozessführungsbefugnis
BGH, Urteil vom 24.08.2016 - VIII ZR 182/15; Vorinstanzen: LG Görlitz, Urteil vom 29.07.2015 - 2 S 213/14; AG Bautzen, Urteil vom 21.11.2014 - 20 C 701/12
MIR 2016, Dok. 026, Rz. 1
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Der Bundesgerichtshof hatte mit Urteil vom 24.08.2016 (VIII ZR 182/15) über einen Fall im Zusammenhang mit einem sogenannten "Abbruchjäger" bei eBay zu entscheiden. Da die Klage bereits an der fehlenden Prozessführungsbefügnis scheiterte kam es auf die Frage des Rechtsmissbrauchs in solchen Fällen nicht mehr entscheidend an. Das Gericht deutete allerdings an, dass die dahingehende Beurteilung des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall keine Rechtsfehler erkennen lies.
Zur Sache
Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, gestattete es dem Sohn ihres Verwalters (im Folgenden: H.), für sie ein Nutzerkonto auf der Internetplattform eBay einzurichten.
Im Januar 2012 bot der Beklagte bei eBay ein gebrauchtes Motorrad der Marke Yamaha im Wege einer zehntägigen Internetauktion mit einem Startpreis von EUR 1,00 zum Verkauf an. H. nahm das Angebot an, wobei er ein (Maximal-) Gebot in Höhe von EUR 1.234,57 abgab.
Als der Beklagte die Auktion wegen fälschlich eingetragener Artikelmerkmale bereits am ersten Tag abbrach, war H. der einzige Bieter geblieben. Kurz darauf stellte der Beklagte das Motorrad mit korrigierten Angaben erneut bei eBay ein.
Rund ein halbes Jahr später, im Juli 2012, forderte die Klägerin den Beklagten auf, ihr das Motorrad zum Preis von EUR 1,00 zu überlassen. Da er es zwischenzeitlich anderweitig veräußert hatte, verlangte die Klägerin mit der Behauptung, das Motorrad sei EUR 4.900,00 wert gewesen, Schadensersatz in Höhe von EUR 4.899,00. Noch vor Zustellung der Klage trat die Klägerin ihre Ansprüche aus den vorgenommenen eBay-Geschäften unentgeltlich an H. ab.
Die Klage hat in erster Instanz zum Teil Erfolg gehabt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen; die Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen.
Dabei ging das Berufungsgericht davon aus, dass die Klägerin unbeschadet der vor Klagezustellung erfolgten Abtretung der Forderung an H. berechtigt sei, die abgetretene Forderung weiter zu verfolgen (gewillkürte Prozessstandschaft).
Das Schadensersatzverlangen sei jedoch, wie sich aus den Gesamtumständen des vorliegenden Falles ergebe, rechtmissbräuchlich. Denn H. habe als "Abbruchjäger" vor allem das Ziel verfolgt, im Fall eines vorzeitigen Auktionsabbruchs Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Dazu hat das Berufungsgericht unter anderem ausgeführt: Allein im Sommer 2011 habe sich H., der damals unter mehreren eigenen Nutzerkonten bei eBay registriert gewesen sei, noch nicht hinter einem Nutzerkonto der Klägerin "versteckt" und bei eBay Gebote in Höhe von EUR 215.000,00 abgegeben. Dabei habe er - jedes Mal unter Beantragung von Prozesskostenhilfe - vier Gerichtsverfahren eingeleitet. Zudem habe die Klägerin - in der Annahme, der Beklagte werde das Motorrad zwischenzeitlich anderweitig veräußern - mit der Geltendmachung von Forderungen mehr als ein halbes Jahr gewartet, bis sie ihn endlich gerichtlich in Anspruch genommen habe.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Keine Prozessführungsbefugnis der Klägerin
Der Bundesgerichtshof (VIII. Zivilsenat) hat entschieden, dass die Klage mangels Prozessführungsbefugnis der Klägerin bereits als unzulässig abzuweisen ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setze eine gewillkürte Prozessstandschaft - also die rechtsgeschäftliche Ermächtigung zur gerichtlichen Verfolgung eines fremden Rechts im eigenen Namen - stets auch ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten an der Rechtsverfolgung voraus. Ein solches sei gegeben, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene Rechtlage hat und kann auch wirtschaftlicher Natur sein. Vorliegend fehle es jedoch an einem rechtsschutzwürdigen Interesse der Klägerin an der Prozessführung. Zwar könne auch der Verkäufer einer Forderung zur Vermeidung eigener Ersatzverpflichtungen ein eigenes berechtigtes Interesse daran haben, die abgetretene Forderung gerichtlich geltend zu machen. Vorliegend habe die Klägerin ihre Rechte aus dem eBay-Geschäft aber nicht verkauft, sondern unentgeltlich an H. übertragen.
Auf Rechtsmissbrauch kam es nicht mehr an - Aber: Rechtsfehler des Berufungsgerichts wohl insoweit nicht erkennbar
Auf den vom Berufungsgericht als entscheidend angesehenen Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs kam es somit nicht mehr an. Der Senat hat allerdings zum Ausdruck gebracht, dass angesichts der Häufung aussagekräftiger Indizien ein Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht erkennbar sei.
(tg) - Quelle: PM des BGH Nr. 143/2016 vom 24.08.2016
Zur Sache
Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, gestattete es dem Sohn ihres Verwalters (im Folgenden: H.), für sie ein Nutzerkonto auf der Internetplattform eBay einzurichten.
Im Januar 2012 bot der Beklagte bei eBay ein gebrauchtes Motorrad der Marke Yamaha im Wege einer zehntägigen Internetauktion mit einem Startpreis von EUR 1,00 zum Verkauf an. H. nahm das Angebot an, wobei er ein (Maximal-) Gebot in Höhe von EUR 1.234,57 abgab.
Als der Beklagte die Auktion wegen fälschlich eingetragener Artikelmerkmale bereits am ersten Tag abbrach, war H. der einzige Bieter geblieben. Kurz darauf stellte der Beklagte das Motorrad mit korrigierten Angaben erneut bei eBay ein.
Rund ein halbes Jahr später, im Juli 2012, forderte die Klägerin den Beklagten auf, ihr das Motorrad zum Preis von EUR 1,00 zu überlassen. Da er es zwischenzeitlich anderweitig veräußert hatte, verlangte die Klägerin mit der Behauptung, das Motorrad sei EUR 4.900,00 wert gewesen, Schadensersatz in Höhe von EUR 4.899,00. Noch vor Zustellung der Klage trat die Klägerin ihre Ansprüche aus den vorgenommenen eBay-Geschäften unentgeltlich an H. ab.
Die Klage hat in erster Instanz zum Teil Erfolg gehabt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen; die Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen.
Dabei ging das Berufungsgericht davon aus, dass die Klägerin unbeschadet der vor Klagezustellung erfolgten Abtretung der Forderung an H. berechtigt sei, die abgetretene Forderung weiter zu verfolgen (gewillkürte Prozessstandschaft).
Das Schadensersatzverlangen sei jedoch, wie sich aus den Gesamtumständen des vorliegenden Falles ergebe, rechtmissbräuchlich. Denn H. habe als "Abbruchjäger" vor allem das Ziel verfolgt, im Fall eines vorzeitigen Auktionsabbruchs Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Dazu hat das Berufungsgericht unter anderem ausgeführt: Allein im Sommer 2011 habe sich H., der damals unter mehreren eigenen Nutzerkonten bei eBay registriert gewesen sei, noch nicht hinter einem Nutzerkonto der Klägerin "versteckt" und bei eBay Gebote in Höhe von EUR 215.000,00 abgegeben. Dabei habe er - jedes Mal unter Beantragung von Prozesskostenhilfe - vier Gerichtsverfahren eingeleitet. Zudem habe die Klägerin - in der Annahme, der Beklagte werde das Motorrad zwischenzeitlich anderweitig veräußern - mit der Geltendmachung von Forderungen mehr als ein halbes Jahr gewartet, bis sie ihn endlich gerichtlich in Anspruch genommen habe.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Keine Prozessführungsbefugnis der Klägerin
Der Bundesgerichtshof (VIII. Zivilsenat) hat entschieden, dass die Klage mangels Prozessführungsbefugnis der Klägerin bereits als unzulässig abzuweisen ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setze eine gewillkürte Prozessstandschaft - also die rechtsgeschäftliche Ermächtigung zur gerichtlichen Verfolgung eines fremden Rechts im eigenen Namen - stets auch ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten an der Rechtsverfolgung voraus. Ein solches sei gegeben, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene Rechtlage hat und kann auch wirtschaftlicher Natur sein. Vorliegend fehle es jedoch an einem rechtsschutzwürdigen Interesse der Klägerin an der Prozessführung. Zwar könne auch der Verkäufer einer Forderung zur Vermeidung eigener Ersatzverpflichtungen ein eigenes berechtigtes Interesse daran haben, die abgetretene Forderung gerichtlich geltend zu machen. Vorliegend habe die Klägerin ihre Rechte aus dem eBay-Geschäft aber nicht verkauft, sondern unentgeltlich an H. übertragen.
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Auf den vom Berufungsgericht als entscheidend angesehenen Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs kam es somit nicht mehr an. Der Senat hat allerdings zum Ausdruck gebracht, dass angesichts der Häufung aussagekräftiger Indizien ein Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht erkennbar sei.
(tg) - Quelle: PM des BGH Nr. 143/2016 vom 24.08.2016
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 24.08.2016
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2784
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