Kurz notiert // Zivilrecht
Oberlandesgericht Frankfurt a.M.
Scoring - Ratingagentur zur Unterlassung einer schlechten Unternehmensbewertung verurteilt
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 07.04.2015 - 24 U 82/14; Vorinstanz: LG Darmstadt, 31.01.2014 - 10 O 37/13
MIR 2015, Dok. 034, Rz. 1
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Mit Urteil vom (07.04.2015 - 24 U 82/14) hat das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. einer Ratingagentur untersagt, über ein im Rhein Main Gebiet ansässiges Unternehmen eine schlechtes Scoring zu erteilen.
Zur Sache:
Die Klägerin betreibt seit den 1990er Jahren ein Unternehmen im Bereich der Luftfahrtindustrie. Insolvenz oder Zahlungsausfälle kamen bisher nicht vor. Die Beklagte sammelt in der von ihr betriebenen Wirtschaftsauskunftei Informationen und Analysen über Unternehmen sammelt und erstellt hieraus Bonitätsauskünfte, die auf Anfrage Dritten zur Verfügung gestellt werden.
Die Beklagten bewertete die Klägerin mit dem schlechtesten von vier Werten: "Risikoindikator 4". "Das Ausfallrisiko wird als hoch eingestuft" sowie "Sicherheiten empfohlen“ hieß es weiter in der Bewertung der Klägerin, auf die diese durch eine ihrer Kundinnen aufmerksam gemacht wurde. Die Klägerin wandte sich daraufhin anwaltlich an die Beklagte und forderte Aufklärung. Die Beklagte stufte die Klägerin danach eine Stufe besser mit "3" und das Ausfallrisiko mit "überdurchschnittlich" ein.
Die Klägerin erhob hierauf Klage gegen die Beklagte mit dem Antrag, es zu unterlassen, gegen über Dritten eine schlechte Risikoeinschätzung der Klägerin abzugeben und ihr Ausfallrisiko als hoch einzustufen.
Das Landgericht wies die Klage ab. Bei den Bewertungen handele es sich lediglich um Werturteile, die anders als Tatsachenbehauptungen einer exakten Nachprüfung nicht zugänglich seien.
Entscheidung des Gerichts: Bewertung ohne jegliche sachliche Basis - rechtswidriger Eingriff in den Gewerbebetrieb
Auf die Berufung der Klägerin verurteilte das OLG Frankfurt a.M. die Beklagte antragsgemäß.
Die von der Beklagten abgegebene, äußerst negative Bewertung der Kreditwürdigkeit der Klägerin sei ohne jegliche sachliche Basis erfolg, so das Gericht. Das Vorgehen der Beklagten bei der Abgabe ihrer Bewertungen sei von einer verantwortungslosen Oberflächlichkeit geprägt und verletze das Recht der Klägerin, keine rechtswidrigen Eingriffe in ihren Gewerbebetrieb erleiden zu müssen. Maßstab für das Ratingagenturen erlaubte Verhalten sei § 28 b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Hiernach dürfe ein "Wahrscheinlichkeitswert für ein bestimmtes zukünftiges Verhalten erhoben oder verwendet werden, wenn die zur Berechnung des Wahrscheinlichkeitswertes genutzten Daten unter Zugrundelegung eines wissenschaftlich anerkannten mathematischstatistischen Verfahrens nachweisbar für die Berechnung der Wahrscheinlichkeit des bestimmten Verhaltens erheblich sind".
Zwar seien die sogenannten "Scoreformeln" selbst sowie die Basisdaten nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 14.01.2014 (VI ZR 156/13, MIR 2014, Dok. 025) als geschütztes Geschäftsgeheimnis der Ratingagentur anzusehen. Vorliegend erwecke die Beklagte bei ihren Kunden aus der Wirtschaft aber den Eindruck einer umfassenden Verwertung der verschiedensten Variablen über das bewertete Unternehmen. Genauer betrachtet stütze sie die schlechte Bewertung der Klägerin vorliegend jedoch einzig und allein darauf, dass es sich bei der Klägerin nicht um eine Kapitalgesellschaft, sondern einen eingetragenen Einzelkaufmann handele. Das reiche nicht aus, da die Verwertung dieses Einzelfaktors dem Maßstab einer komplexen, auf statistischen und wissenschaftlichen Algorithmen beruhenden Bewertung nicht genüge.
(tg) - Quelle: PM des OLG Frankfurt a.M. vom 13.04.2015
Zur Sache:
Die Klägerin betreibt seit den 1990er Jahren ein Unternehmen im Bereich der Luftfahrtindustrie. Insolvenz oder Zahlungsausfälle kamen bisher nicht vor. Die Beklagte sammelt in der von ihr betriebenen Wirtschaftsauskunftei Informationen und Analysen über Unternehmen sammelt und erstellt hieraus Bonitätsauskünfte, die auf Anfrage Dritten zur Verfügung gestellt werden.
Die Beklagten bewertete die Klägerin mit dem schlechtesten von vier Werten: "Risikoindikator 4". "Das Ausfallrisiko wird als hoch eingestuft" sowie "Sicherheiten empfohlen“ hieß es weiter in der Bewertung der Klägerin, auf die diese durch eine ihrer Kundinnen aufmerksam gemacht wurde. Die Klägerin wandte sich daraufhin anwaltlich an die Beklagte und forderte Aufklärung. Die Beklagte stufte die Klägerin danach eine Stufe besser mit "3" und das Ausfallrisiko mit "überdurchschnittlich" ein.
Die Klägerin erhob hierauf Klage gegen die Beklagte mit dem Antrag, es zu unterlassen, gegen über Dritten eine schlechte Risikoeinschätzung der Klägerin abzugeben und ihr Ausfallrisiko als hoch einzustufen.
Das Landgericht wies die Klage ab. Bei den Bewertungen handele es sich lediglich um Werturteile, die anders als Tatsachenbehauptungen einer exakten Nachprüfung nicht zugänglich seien.
Entscheidung des Gerichts: Bewertung ohne jegliche sachliche Basis - rechtswidriger Eingriff in den Gewerbebetrieb
Auf die Berufung der Klägerin verurteilte das OLG Frankfurt a.M. die Beklagte antragsgemäß.
Die von der Beklagten abgegebene, äußerst negative Bewertung der Kreditwürdigkeit der Klägerin sei ohne jegliche sachliche Basis erfolg, so das Gericht. Das Vorgehen der Beklagten bei der Abgabe ihrer Bewertungen sei von einer verantwortungslosen Oberflächlichkeit geprägt und verletze das Recht der Klägerin, keine rechtswidrigen Eingriffe in ihren Gewerbebetrieb erleiden zu müssen. Maßstab für das Ratingagenturen erlaubte Verhalten sei § 28 b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Hiernach dürfe ein "Wahrscheinlichkeitswert für ein bestimmtes zukünftiges Verhalten erhoben oder verwendet werden, wenn die zur Berechnung des Wahrscheinlichkeitswertes genutzten Daten unter Zugrundelegung eines wissenschaftlich anerkannten mathematischstatistischen Verfahrens nachweisbar für die Berechnung der Wahrscheinlichkeit des bestimmten Verhaltens erheblich sind".
Zwar seien die sogenannten "Scoreformeln" selbst sowie die Basisdaten nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 14.01.2014 (VI ZR 156/13, MIR 2014, Dok. 025) als geschütztes Geschäftsgeheimnis der Ratingagentur anzusehen. Vorliegend erwecke die Beklagte bei ihren Kunden aus der Wirtschaft aber den Eindruck einer umfassenden Verwertung der verschiedensten Variablen über das bewertete Unternehmen. Genauer betrachtet stütze sie die schlechte Bewertung der Klägerin vorliegend jedoch einzig und allein darauf, dass es sich bei der Klägerin nicht um eine Kapitalgesellschaft, sondern einen eingetragenen Einzelkaufmann handele. Das reiche nicht aus, da die Verwertung dieses Einzelfaktors dem Maßstab einer komplexen, auf statistischen und wissenschaftlichen Algorithmen beruhenden Bewertung nicht genüge.
(tg) - Quelle: PM des OLG Frankfurt a.M. vom 13.04.2015
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Gramespacher
Online seit: 13.04.2015
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2701
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