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Kurz notiert // Persönlichkeitsrecht



Bundesgerichtshof

Kein Anspruch auf Auskunft über Nutzerdaten gegen Internet-Bewertungsportal bei Persönlichkeitsverletzungen

BGH, Urteil vom 01.07.2014 - VI ZR 345/13; Vorinstanz: LG Stuttgart, Urteil vom 11.01.2013 - 11 O 172/12; OLG Stuttgart, Urteil vom 26.06.2013 - 4 U 28/13

MIR 2014, Dok. 078, Rz. 1


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Der Bundesgerichtshof (VI. Zivilsenat) hat mit Urteil vom 01.07.2014 (VI ZR 345/13) entschieden, das dem in seinem Persönlichkeitsrecht Verletzten gegen den Betreiber eines Internet-Bewertungsportals (hier: Arztbewertungen) kein Anspruch auf Auskunft über die bei ihm hinterlegten Daten des Verletzers zusteht. Es fehle insoweit an einer - indes wegen § 12 Abs. 2 TMG erforderlichen - gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für eine solche Datenweitergabe.

Zur Sache:

Ein frei praktizierender Arzt, machte einen Auskunftsanspruch gegen die Beklagte - Betreiberin eines Internetportals - geltend. Diese ist Betreiberin eines Internetportals, das Bewertungen von Ärzten ermöglicht.

Im November 2011 entdeckte der Kläger auf der Internetseite der Beklagten eine Bewertung, in der über ihn verschiedene unwahre Behauptungen aufgestellt wurden. Im Juni 2012 wurden weitere, den Kläger betreffende Bewertungen mit unwahren Tatsachenbehauptungen veröffentlicht. Auf sein Verlangen hin wurden die Bewertungen jeweils von der Beklagten gelöscht. Am 04.07.2012 erschien (jedenfalls) bis November 2012 erneut eine Bewertung mit den von dem Kläger bereits beanstandeten Inhalten.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung der Verbreitung der vom Kläger beanstandeten Behauptungen und zur Auskunft über Name und Anschrift des Verfassers der Bewertung vom 04.07.2012 verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat einen Auskunftsanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen der bei ihr hinterlegten Anmeldedaten des Verletzers gemäß §§ 242, 259, 260 BGB bejaht. § 13 Abs. 6 Satz 1 TMG, wonach ein Diensteanbieter die Nutzung von Telemedien anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen hat, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist, schließe den allgemeinen Auskunftsanspruch nicht aus.

Mit der vom Oberlandesgericht beschränkt auf den Auskunftsanspruch zugelassenen Revision verfolgte die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage – im Umfang der Zulassung - weiter.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Kein Anspruch auf Auskunft über personenbezogenen Daten bei Persönlichkeitsverletzungen - Keine Ermächtigungsgrundlage im Sinne von § 12 Abs. 2 TMG

Die Revision hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat die Klage auf Auskunftserteilung abgewiesen.

Der Betreiber eines Internetportals sei in Ermangelung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im Sinne von § 12 Abs. 2 TMG grundsätzlich nicht befugt, ohne Einwilligung des Nutzers dessen personenbezogene Daten zur Erfüllung eines Auskunftsanspruchs wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung an den Betroffenen zu übermitteln.

Zweckbindungsgrundsatz

Nach dem Gebot der engen Zweckbindung des § 12 Abs. 2 TMG dürfe für die Bereitstellung von Telemedien erhobene personenbezogene Daten für andere Zwecke nur verwendet werden, soweit eine Rechtsvorschrift dies erlaubt oder der Nutzer - was hier nicht in Rede stand - eingewilligt hat. Ein Verwenden im Sinne des § 12 Abs. 2 TMG stelle auch eine Übermittlung an Dritte dar. Eine Erlaubnis durch Rechtsvorschrift komme außerhalb des Telemediengesetzes nach dem Gesetzeswortlaut lediglich dann in Betracht, wenn sich eine solche Vorschrift ausdrücklich auf Telemedien beziehe. Eine solche Vorschrift habe der Gesetzgeber bisher – bewusst – nicht geschaffen.

Unterlassungsanspruch gegen Diensteanbieter und strafrechtliche Schritte unberührt

Dem durch persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalte einer Internetseite Betroffenen könne allerdings ein Unterlassungsanspruch auch gegen den Diensteanbieter zustehen (wegen Verletzung einer Prüfpflicht, §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs.1, Art. 2 Abs. 1 GG, vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2011 – VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219). Diesen habe das Oberlandesgericht im Streitfall auch bejaht. Darüber hinaus dürfe der Diensteanbieter nach § 14 Abs. 2, § 15 Abs. 5 Satz 4 Telemediengesetz (TMG) auf Anordnung der zuständigen Stellen im Einzelfall Auskunft über Bestands-, Nutzungs- und Abrechnungsdaten erteilen, soweit dies u. a. für Zwecke der Strafverfolgung erforderlich ist.

(tg) - Quelle: PM des BGH Nr. 102/2014 vom 01.07.2014

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Gramespacher
Online seit: 01.07.2014
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2611
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