Kurz notiert // Zivilrecht
Bundesgerichtshof
Abofallen - Aufruf einer Verbraucherzentrale zur Kündigung des Girokontos eines Inkassounternehmens rechtmäßig
BGH, Urteil vom 06.02.2014 - I ZR 75/13 - Aufruf zur Kontokündigung; Verfahrensgang: LG Frankfurt a.M., Urteil vom 27.07.2012 - 3-10 O 17/12; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 26.03.2013 - 6 U 184/12
MIR 2014, Dok. 019, Rz. 1
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Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 06.02.2014 (I ZR 75/13 - Aufruf zur Kontokündigung) entschieden, dass der Aufruf einer Verbraucherzentrale an ein Bankinstitut zur Kündigung des Girokontos eines Unternehmens ausnahmsweise zulässig sein kann, wenn er von der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt ist und sich im konkreten Fall auch nicht als unverhältnismäßig erweist.
Zur Sache
Die Beklagte ist die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Sie hat die Sparkasse Heidelberg in einem Schreiben zur Kündigung und Sperrung des Girokontos der Klägerin, einem Inkassounternehmen, dass unter anderem für die Betreiberin (W. GmbH) einer sogenannten "Abofalle" tätig ist, aufgefordert.
Im Februar 2011 bot die W. GmbH auf ihrer Internetseite einen "Routenplaner-Service" an. Dabei wurde der Nutzer nach Ansicht der Beklagten über die Kostenpflichtigkeit des Angebots getäuscht. Nachdem ein Verbraucher aufgrund eines Aufrufs des Angebots der W. GmbH von dieser eine Zahlungsaufforderung in Höhe von 96 Euro für einen Routenplaner-Service erhalten hatte, focht die Beklagte im Namen des Verbrauchers den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an. Gleichwohl erhielt der Verbraucher von der nunmehr mit der Einziehung der Forderung beauftragten Klägerin wiederholt Mahnungen, obwohl die Beklagte auch gegenüber der Klägerin Einwendungen gegen die Forderung erhoben hatte.
Die beklagte Verbraucherzentrale wandte sich daraufhin mit einem Schreiben an die Sparkasse Heidelberg, in dem sie unter Hinweis auf ein offenkundig wettbewerbswidriges und betrügerisches Verhalten des Betreibers der Internetseite die Sparkasse zur Kündigung des Girokontos aufrief.
Gegen die Aufforderung zur Kündigung und Sperrung des Girokontos hat die Klägerin Unterlassungsklage erhoben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die beklagte Verbraucherzentrale antragsgemäß verurteilt.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Aufruf in konkreten Fall von Meinungsfreiheit gedeckt und nicht unverhältnismäßig
Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe mit dem Aufruf zur Kündigung des Girokontos in den durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin eingegriffen. Dieser Eingriff sei jedoch unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls nicht rechtswidrig. Bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass die beklagte Verbraucherzentrale sich auf die in Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungsfreiheit berufen könne. Der Aufruf zur Kündigung des Girokontos sei insoweit auch nicht unverhältnismäßig. Zwar hätte die Beklagte grundsätzlich den Rechtsweg beschreiten müssen, um ein etwaig rechtswidriges Verhalten der Klägerin zu unterbinden. Im vorliegenden Fall brauche die Beklagte aber nicht zunächst Klage zu erheben. Sie könne vielmehr unmittelbar die Sparkasse zur Kündigung des Girokontos des Inkassounternehmens auffordern, weil dieses sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bewusst an der Durchsetzung eines auf systematische Täuschung von Verbrauchern angelegten Geschäftsmodells der W. GmbH beteiligt hatte.
(tg) - Quelle: PM Nr. 024/2014 des BGH vom 06.02.2014
Zur Sache
Die Beklagte ist die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Sie hat die Sparkasse Heidelberg in einem Schreiben zur Kündigung und Sperrung des Girokontos der Klägerin, einem Inkassounternehmen, dass unter anderem für die Betreiberin (W. GmbH) einer sogenannten "Abofalle" tätig ist, aufgefordert.
Im Februar 2011 bot die W. GmbH auf ihrer Internetseite einen "Routenplaner-Service" an. Dabei wurde der Nutzer nach Ansicht der Beklagten über die Kostenpflichtigkeit des Angebots getäuscht. Nachdem ein Verbraucher aufgrund eines Aufrufs des Angebots der W. GmbH von dieser eine Zahlungsaufforderung in Höhe von 96 Euro für einen Routenplaner-Service erhalten hatte, focht die Beklagte im Namen des Verbrauchers den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an. Gleichwohl erhielt der Verbraucher von der nunmehr mit der Einziehung der Forderung beauftragten Klägerin wiederholt Mahnungen, obwohl die Beklagte auch gegenüber der Klägerin Einwendungen gegen die Forderung erhoben hatte.
Die beklagte Verbraucherzentrale wandte sich daraufhin mit einem Schreiben an die Sparkasse Heidelberg, in dem sie unter Hinweis auf ein offenkundig wettbewerbswidriges und betrügerisches Verhalten des Betreibers der Internetseite die Sparkasse zur Kündigung des Girokontos aufrief.
Gegen die Aufforderung zur Kündigung und Sperrung des Girokontos hat die Klägerin Unterlassungsklage erhoben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die beklagte Verbraucherzentrale antragsgemäß verurteilt.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Aufruf in konkreten Fall von Meinungsfreiheit gedeckt und nicht unverhältnismäßig
Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe mit dem Aufruf zur Kündigung des Girokontos in den durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin eingegriffen. Dieser Eingriff sei jedoch unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls nicht rechtswidrig. Bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass die beklagte Verbraucherzentrale sich auf die in Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungsfreiheit berufen könne. Der Aufruf zur Kündigung des Girokontos sei insoweit auch nicht unverhältnismäßig. Zwar hätte die Beklagte grundsätzlich den Rechtsweg beschreiten müssen, um ein etwaig rechtswidriges Verhalten der Klägerin zu unterbinden. Im vorliegenden Fall brauche die Beklagte aber nicht zunächst Klage zu erheben. Sie könne vielmehr unmittelbar die Sparkasse zur Kündigung des Girokontos des Inkassounternehmens auffordern, weil dieses sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bewusst an der Durchsetzung eines auf systematische Täuschung von Verbrauchern angelegten Geschäftsmodells der W. GmbH beteiligt hatte.
(tg) - Quelle: PM Nr. 024/2014 des BGH vom 06.02.2014
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Gramespacher
Online seit: 06.02.2014
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2552
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