MIR-Newsletter

Der MIR-Newsletter informiert Sie regelmäßig über neue Inhalte in MEDIEN INTERNET und RECHT!

Schließen Abonnieren
MIR-Logo mobil

Logo MEDIEN INTERNET und RECHT
Logo MEDIEN INTERNET und RECHT

Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht



BGH, Urteil vom 06.06.2013 - I ZR 2/12

Pflichtangaben im Internet - Eine Google-Adwords-Anzeige für Arzneimittel verstößt nicht allein deshalb gegen § 4 HWG, weil die Pflichtangaben nicht in der Anzeige selbst enthalten sind. Die Erreichbarkeit der Pflichtangaben über einen eindeutigen Link kann ausreichend sein.

HeilmittelwerbeG § 4 Abs. 1, 3 Satz 3, Abs. 4 Satz 1; UWG § 4 Nr. 11

Leitsätze:*

1. Sinn und Zweck von § 4 HWG ist es, den Verbraucher vollständig über bestimmte medizinisch relevante Merkmale eines Arzneimittels und insbesondere über dessen Indikationen und Wirkungsweise zu informieren und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, sich über das jeweilige Präparat vor einem Kaufentschluss ein sachbezogenes Bild zu machen (BGH, Urteil vom 29.04.2010 - I ZR 202/07 - Erinnerungswerbung im Internet). Die setzt zunächst voraus, dass die Pflichtangaben, die vom Gesetzgeber als notwendiges Gegengewicht und Korrektiv zu regelmäßig nur positiven Werbeaussagen gedacht sind, vom Werbeadressaten als sachlich informativer Teil der Gesamtwerbung erkannt werden. Darüber hinaus erfordert die Gewährleistung der vom Gesetzgeber beabsichtigten Gesamtinformationen insbesondere, dass die Wahrnehmung der Pflichtangaben dem Leser keinen zusätzlichen Aufwand oder besonderen Einsatz abfordert; denn nach der Lebenserfahrung wird ein erheblicher Teil der Angesprochenen eine für die nähere Wahrnehmung erforderliche Mühe scheuen und sich auf das Lesen des vom Werbenden ausgesuchten regelmäßig auffälliger und leicht lesbar gestalteten positiven Teils der Werbung beschränken. Es ist erforderlich, dass Pflichtangaben ohne besondere Konzentration und Anstrengung wahrgenommen werden können (BGH, Beschluss vom 18.04.1996 - I ZR 108/93).

2. Eine Google-Adwords-Anzeige für ein Arzneimittel verstößt nicht allein deshalb gegen § 4 HWG, weil die Pflichtangaben nicht in der Anzeige selbst enthalten sind. Es ist vielmehr ausreichend, dass die Anzeige einen eindeutig als solchen klar erkennbaren elektronischen Verweis enthält, der unzweideutig darauf hinweist, dass der Nutzer über ihn zu den Pflichtangaben gelangt; der elektronische Verweis muss zu einer Internetseite führen, auf der die Pflichtangaben unmittelbar, das heißt ohne weitere Zwischenschritte leicht lesbar wahrgenommen werden können.

3. Führt ein elektronischer Verweis (Link) auf eine Internetseite auf der sich allein die Pflichtangaben nach § 4 HWG befinden, ist es unschädlich, wenn die Pflichtangaben wegen der Größe des vom Verbraucher benutzten Bildschirms nur durch Scrollen vollständig wahrgenommen werden können. Enthält die Internetseite demgegenüber noch weitere Inhalte ist das Unmittelbarkeitskriterium nur dann erfüllt, wenn der elektronische Verweis den Verbraucher direkt zu der Stelle der Seite führt, wo sich die Pflichtangaben befinden. Nicht ausreichend ist, wenn der Verbraucher lediglich die Möglichkeit hat, auf der verlinkten Seite durch Scrollen die Pflichtangaben aufzusuchen.

MIR 2013, Dok. 084


Anm. der Redaktion: Leitsatz 2 ist der amtliche Leitsatz des Gerichts.
Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 25.11.2013
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2519

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
dejure.org StellenmarktAnzeige