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Kurz notiert



Bundesgerichtshof

VorlagebeschlĂĽsse zu Fragen der rechtserhaltenden Benutzung von - zusammengesetzten - Marken.

BGH, Beschluss vom 17.08.2011 - I ZR 84/09 – PROTI; Vorinstanten: LG Köln, Urteil vom 16.09.2008 - 33 O 484/06; OLG Köln, Urteil vom 20.05.2009 - 6 U 195/08
BGH Beschluss vom 24.11.2011 - I ZR 206/10 - Stofffähnchen II; Vorinstanzen: LG Hamburg, Urteil vom 22.06.2004 - 312 O 482/03; OLG Hamburg, Urteil vom 18.11.2010 - 3 U 130/04

MIR 2011, Dok. 091, Rz. 1


1
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in zwei Verfahren (BGH, I ZR 84/09 – PROTI und BGH, I ZR 206/10 - Stofffähnchen II) Fragen zur rechtserhaltenden Benutzung von Marken zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Zur Sache:

Der Kläger des ersten Verfahrens ist Inhaber der Marke "PROTI". Er sieht in der Verwendung der Bezeichnung "Protifit" durch den Beklagten eine Verletzung seiner Rechte an der Marke "PROTI". Der Beklagte hat die Einrede mangelnder Benutzung (§ 43 MarkenG) erhoben, weil der Kläger die Marke "PROTI" nur in einer abgewandelten, ebenfalls als Marke eingetragenen Form benutzt hat.

Das zweite Verfahren betrifft einen Rechtsstreit des bekannten Jeans- und Modeunternehmens Levi Strauss & Co. gegen ein Einzelhandelsunternehmen. Levi Strauss & Co. ist Inhaberin verschiedener nationaler und internationaler Marken, unter anderem einer für Hosen eingetragenen Gemeinschaftsbildmarke. Nach der Beschreibung im Markenregister handelt es sich um eine Positionsmarke, die aus einem roten rechteckigen Label aus textilem Material besteht, das oben links in die Gesäßtasche von Hosen, Shorts oder Röcken eingenäht ist und aus der Naht hervorsteht. Die Beklagte brachte seit September 2001 Jeanshosen auf den Markt, die an der rechten Seitennaht der Gesäßtasche mit einem roten Stofffähnchen versehen sind. Die Klägerin betrachtet dies als Verletzung ihrer Markenrechte. Die Beklagte hat sich darauf berufen, die Klägerin habe die Klagemarke ausschließlich in abgewandelter Form und zwar mit der Aufschrift "LEVI'S" benutzt. Die tatsächlich verwendete Form sei ebenfalls als Marke registriert; deshalb sei nur diese Marke und nicht auch die Positionsmarke rechtserhaltend benutzt worden.

Ausgangspunkt der VorlagebeschlĂĽsse: Entscheidung des EuGH im Verfahren BAINBRIDGE

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in einem Urteil aus dem Jahr 2007 entschieden, dass eine eingetragene Marke nicht durch die Verwendung eines abgewandelten Zeichens rechtserhaltend benutzt werden kann, wenn dieses abgewandelte Zeichen ebenfalls als Marke eingetragen ist (EuGH, Urteil vom 13.09.2007 – C-234/06 - BAINBRIDGE). Der Bundesgerichtshof hat die bei ihm anhängigen zwei Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union mehrere Fragen zur Reichweite dieser Aussage vorgelegt.

Vereinbarkeit von § 26 Abs. 3 Satz 2 MarkenG mit der Markenrichtlinie?

In dem Verfahren "PROTI" betrifft die Vorlagefrage des Bundesgerichtshofs die Vereinbarkeit des § 26 Abs. 3 Satz 2 des deutschen Markengesetzes (MarkenG) mit der Markenrechtsrichtlinie. § 26 Abs. 3 Satz 2 MarkenG gestattet die rechtserhaltende Benutzung einer Marke in einer abgewandelten, ebenfalls als Marke eingetragenen Form, wenn die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs verstößt die deutsche Bestimmung nicht gegen die Markenrechtsrichtlinie. Zur Begründung seiner Ansicht hat der Bundesgerichtshof im Wesentlichen auf das erhebliche wirtschaftliche Interesse der Markeninhaber abgestellt, ihre häufig wertvollen älteren Marken zu modernisieren, ohne den Markenschutz und damit die Priorität der älteren nicht mehr benutzten Marke zu verlieren.

Rechtserhaltende Benutzung durch Verwendung eines Zeichens in einer zusammengesetzten Marke?

Das zweite Verfahren um die Rechte aus dem roten Label an den Jeanshosen von Levi Strauss & Co. unterscheidet sich von dem ersten Verfahren dadurch, dass die benutzte, als Marke eingetragene Form (rotes Stofffähnchen mit der Aufschrift LEVI'S) eine Kombination von zwei weiteren Marken des Markeninhabers ist (Marke "rotes Stofffähnchen" und Wortmarke "LEVI'S") und die zusammengesetzte Marke keine geringfügige Abwandlung der aus den einzelnen Bestandteilen bestehenden Marken darstellt.

Der Bundesgerichtshof sieht derzeit im Interesse einer effektiven Durchsetzung der Markenrechte auch in einem solchen Fall eine rechtserhaltenden Benutzung eines als Marke eingetragenen Zeichenbestandteils durch Verwendung der zusammengesetzten Marke. Der Markeninhaber habe ein schützenswertes Interesse, auch einen einzelnen Bestandteil einer zusammengesetzten Marke eintragen zu lassen, der vom Verkehr als eigenständiges Kennzeichenmittel aufgefasst wird. Dies sei bei dem roten Label von Levi Strauss & Co. der Fall.

(tg) - PM Nr. 185/2011 des BGH vom 24.11.2011


Online seit: 24.11.2011
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2369
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