Rechtsprechung
KG Berlin, Beschluss vom 31.01.2011 - 5 W 274/10
Heilung von Zustellungsmängeln bei der Vollziehung einer einstweiligen Verfügung - Erfolgt die Zustellung einer einstweiligen Verfügung entgegen § 172 ZPO nicht an den Verfahrensbevollmächtigten, kann ein solcher Zustellungsmangel nach § 189 ZPO geheilt werden, wenn dem Verfahrensbevollmächtigten innerhalb der Vollziehungsfrist eine Kopie per E-Mail zugeht.
ZPO §§ 172, 189, 929 Abs. 2, 936
Leitsätze:*1. Bei der anwaltlichen Antwort auf ein Abmahnschreiben (hier: wegen eines Wettbewerbsverstoßes) kann von einer Zustellungsvollmacht nur ausgegangen werden, wenn der Rechtsanwalt dies in seinem Antwortschreiben ausdrücklich erklärt oder eine Vollmacht beifügt, aus der sich die Zustellungsvollmacht ausdrücklich ergibt. Ist insoweit eine Bevollmächtigung des Rechtsanwalts auch für das Verfügungsverfahren anzunehmen, hat die Zustellung einer einstweiligen Verfügung zum Zwecke der Vollziehung innerhalb der Vollziehungsfrist (§§ 929 Abs. 2, 936 ZPO) an den Verfahrensbevollmächtigten zu erfolgen (§ 172 ZPO).
2. Für die Heilung von Zustellungsmängeln nach § 189 ZPO ist nicht erforderlich, dass dem Verfahrensbevollmächtigten eine Ausfertigung (hier: einer einstweiligen Verfügung) im Original zugeht. Der Zugang einer (vollständigen) Kopie oder Telefaxkopie reicht aus. Einer solchen Kopie oder Telefaxkopie steht die (vollständige) elektronische Übermittlung des betreffenden Dokuments per E-Mail gleich. Ausschlaggebend nach § 189 ZPO ist insoweit, dass das Schriftstück so in den Machtbereich des Adressaten gelangt, dass er es behalten kann und Gelegenheit zur Kenntnisnahme von dessen Inhalt hat. Dies ist auch im Fall des Zugangs einer Kopie der Orginalurkunde - sei es in Papierform, sei es in elektronischer Form (Scan per E-Mail) - gewährleistet.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 30.06.2011
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2343
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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