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Kurz notiert



Bundesgerichtshof

Zur Zulässigkeit verschiedener Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Mobilfunkverträgen.

BGH, Urteil vom 17.02.2011 – III ZR 35/10; Vorinstanzen: LG Köln Urteil vom 17.06.2009 – 26 O 150/08; OLG Köln Urteil vom 22.01.2010 – 6 U 119/09

MIR 2011, Dok. 017, Rz. 1


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Mit Urteil vom 17.02.2011 (III ZR 35/10) hatte der Bundesgerichtshof über die Zulässigkeit verschiedener Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Mobilfunkverträgen zu entschieden. Insbesondere hinsichtlich der Anforderungen die an Klauseln zu stellen sind, in denen sich Telekommunikationsunternehmen die Sperre des Mobilfunkanschlusses bei Zahlungsverzug des Kunden vorbehalten, ist die Entscheidung von Interesse. Der BGH greift hier auf die gesetzlichen Wertung in § 45k TKG zurück.

Zur Sache:

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände e. V. (vzbv) beanstandete unter anderem Klauseln in den, von einem Telekommunikationsunternehmen - der Beklagten - in Mobilfunkverträgen mit Verbrauchern verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Zu den beanstandeten Klauseln gehören die folgenden im Revisionsverfahren noch streitgegenständlichen drei Klauseln:

"7.Nutzung durch Dritte
(...)
7.2 Der Kunde hat auch die Preise zu zahlen, die durch ... unbefugte Nutzung der überlassenen Leistungen durch Dritte entstanden sind, wenn und soweit er diese Nutzung zu vertreten hat.
7.3 Nach Verlust der ... Karte hat der Kunde nur die Verbindungspreise zu zahlen, die bis zum Eingang der Meldung über den Verlust der Karte bei ... angefallen sind. Das gleiche gilt für Preise über Dienste, zu denen ... den Zugang vermittelt.

11.Verzug
(...)
11.2 Ist der Kunde mit Zahlungsverpflichtungen in Höhe von mindestens 15,50 EUR in Verzug, kann ... den Mobilfunkanschluss auf Kosten des Kunden sperren."


Das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung der Verwendung dieser Klauseln verurteilt. Das Berufungsverfahren führte zur Abänderungen des landgerichtlichen Urteils und Abweisung der Klage hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens bezüglich der Klauseln Nr. 7.2 und 7.3. Die weitergehende Berufung wurde zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der klagende vzbv sein Unterlassungsbegehren bezüglich der Klauseln Nr. 7.2 und 7.3 und das beklagte Telekommunikationsunternehmen seinen Klageabweisungsantrag hinsichtlich der Klausel Nr. 11.2 weiter. Jeweils erfolglos.

Revision des Klägers: Keine unangemessene Benachteiligung durch Klauseln Nr. 7.2 und 7.3

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs halten die Klauseln Nr. 7.2. und 7.3. einer Inhaltskontrolle stand. Die Klauseln seien als Vergütungsregelungen anzusehen und daher keine unangemessene Benachteiligung der Kunden festzustellen.

Bei der Erbringung von Mobilfunkdienstleistungen handele es sich um ein praktisch vollständig technisiertes, anonymes Massengeschäft. Die Beklagte nehme von der konkreten Person des die Mobilfunkdienstleistung Abrufenden keine Kenntnis. Das Telekommunikationsunternehmen könne deshalb nicht beurteilen, ob das Abrufen der Mobilfunkdienstleistung mit Billigung des Kunden erfolgt. Es müsse sich darauf verlassen können, dass dieser beim Gebrauch seines Mobiltelefons die erforderlichen Vorkehrungen trifft, damit Unbefugte keinen Zugriff auf Mobilfunkdienstleistungen erhalten. Vom Mobilfunkkunden zu verlangen, nach seinen Möglichkeiten eine unbefugte Nutzung Dritter zu unterbinden, benachteilige diesen nicht unangemessen. Wie die Sorgfaltspflichten, die dem Kunden in seiner Risikosphäre obliegen, im Einzelnen beschaffen sind, sie demgegenüber eine andere Frage. Den besonderen Gefährdungen die sich gerade aus dem Umstand ergeben, dass die Mobilfunkdienstleistung an jedem Ort und damit auch außerhalb der geschützten Sphäre der Wohnung des Anschlussinhabers zur Verfügung steht - etwa der Verlusts der SIM-Karte, gegebenenfalls einschließlich des Mobiltelefons -, könne dadurch Rechnung getragen werden, dass die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten des Kunden nicht überspannt werden. Dies stelle jedoch die Wirksamkeit der hier fraglichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter dem Blickwinkel einer unangemessenen Benachteiligung der Kunden des Beklagten nicht grundsätzlich in Frage.

Der Klausel Nr. 7.3. hat der Bundesgerichthof nur eine zeitliche Begrenzung der vom Kunden zu zahlenden Entgelte im Fall des Verlustes der SIM-Karte entnommen, was diesen deshalb nicht benachteiligt, sondern seine Zahlungspflichten begrenzt.

Revision des Beklagten: Sperre des Mobilfunkvertrags erst ab Verzug mit einem Betrag von 75,00 EUR - Übertragung der Wertung in § 45k Abs. 2 Satz 1 TKG auf Mobilfunkdienstleistungen

Die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen, weil die Klausel Nr. 11.2 einer Inhaltskontrolle nicht stand halte und sie nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sei. Die Klausel benachteilige die jeweiligen Mobilfunkkunden der Beklagten entgegen Treu und Glauben unangemessen. Die Sperre des Mobilfunkanschlusses stelle der Sache nach die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts dar. Insbesondere von § 320 Abs. 2 BGB weiche die Klausel Nr. 11.2. zum Nachteil des Kunden ab. Ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der noch zu erbringenden Mobilfunkdienstleistungen stehe dem Telekommunikationsunternehmen danach nicht zu, wenn nur ein verhältnismäßig geringfügiger Teil der Gegenleistung noch offen stehe. Dies könne bei einem Verzug mit einem Betrag von 15,50 Euro, der nach der Klausel bereits die Sperre rechtfertige, nicht ausgeschlossen werden. Hierbei hat der Bundesgerichtshof berücksichtigt, dass der Gesetzgeber in § 45k Abs. 2 Satz 1 TKG für die Telefondienstleistungsunternehmen im Festnetzbereich als Voraussetzung für eine Sperre den Betrag von 75,00 EUR festgelegt hat. Diese gesetzgeberische Wertung könne im Rahmen der Kontrolle der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Verträge über Mobilfunkdienstleistungen übertragen werden.

(tg) - Quelle: PM Nr. 31/2011 des BGH vom 17.02.2011


Online seit: 17.02.2011
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2295
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