Rechtsprechung
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.09.2010 - 6 W 40/10
Anrechnung der Geschäftsgebühr für eine Abmahnung im Verfügungsverfahren - Die im Rahmen einer vorprozessualen Abmahnung entstandene Geschäftsgebühr betrifft gebührenrechtlich denselben Gegenstand wie das nachfolgende einstweilige Verfügungsverfahren.
RVG § 15a Abs. 2; Vorbemerkung 3 Abs.4 zu Nr. 3100 VV-RVG
Leitsätze:*1. Eine vorprozessuale Abmahnung und ein nachfolgendes einstweiliges Verfügungsverfahren wegen eines bestimmten - durch einen Wettbewerbs- oder Markenverstoß begründeten - Unterlassungsanspruchs betreffen gebührenrechtlich denselben Gegenstand (mit Verweis auf: BGH, Beschluss vom 02.10.2008 - Az. I ZB 30/08, MIR 2008, Dok. 317; weiterhin: KGR Berlin 2009, 592; OLG Hamm, Beschluss vom 27.10.2009 - Az. 25 W 444/09; OLG München WRP 1982, 542 zu § 118 Abs. 2 BRAGO).
2. Die Anrechnungsregelung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV-RVG stellt nicht darauf ab, ob es sich um "dieselbe Angelegenheit" oder unterschiedliche kostenrechtliche Angelegenheiten handelt, sondern darauf, ob wegen "desselben Gegenstands" eine Geschäftsgebühr entstanden ist. Die Anrechnungsregelung in Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV-RVG stellt auch nicht auf den Begriff des Streitgegenstands ab.
3. Zwischen der Abmahnung und einem nachfolgenden einstweiligen Verfügungsverfahren besteht
insoweit ein Zusammenhang, als die Abmahnung auch das einstweilige Verfügungsverfahren vorbereitet (KGR Berlin 2009, 592). Die Abmahnung soll neben ihrer Funktion, eine Streitbeilegung in der Hauptsache ohne Inanspruchnahme der Gerichte zu erreichen, auch die Möglichkeit ausschließen, dass der Gegner den gerichtlich geltend gemachten Anspruch mit der Kostenfolge des § 93 ZPO anerkennt (BGH, Beschluss vom 06.12.2007 - Az. I ZB 16/07,
MIR 2008, Dok. 161 - Kosten eines Abwehrschreibens).
4. Vorbemerkung 3 Abs. 4 Nr. 3100 VV-RVG will berücksichtigen, dass die von einem Rechtsanwalt geleistete Vorarbeit in dem anschließenden Gerichtsverfahren verwertet wird
(BGH, Beschluss vom 22.01.2008 - Az. VIII ZB 57/07). Handelt es sich bei dem anschließenden
Gerichtsverfahren um eine einstweiliges Verfügungsverfahren, so wird auch insoweit die
außergerichtliche Vorarbeit verwertet (OLG Hamburg, WRP 1981, 470 zu § 118 Abs. 2 BRAGO;
OLG Frankfurt a.M, RVGReport 2008, 314; KGR Berlin 2009, 592).
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 25.10.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2249
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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