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Kurz notiert



Oberlandesgericht Köln

Beschwerderecht des Internet-Anschlussinhabers im Auskunftsverfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG bejaht.

OLG Köln, Beschluss vom 05.10.2010 - Az. 6 W 82/10

MIR 2010, Dok. 144, Rz. 1


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Das Oberlandesgericht Köln hat mit Beschluss vom 05.10.2010 (Az. 6 W 82/10 - Veröffentlichtung in MIR folgt) ein Beschwerderecht des Anschlussinhabers im Auskunftsverfahren gemäß § 101 Abs. 9 UrhG bejaht. Der im Rahmen eines solchen urheberrechtlichen Auskunftsverfahrens ermittelte Anschlussinhaber habe ein berechtigtes Interesse an der - auch nachträglichen - Feststellung der Rechtwidrigkeit des Gestattungsbeschlusses. Zudem müssen bei einem 1 1/2 Jahre alten Musikalbum, welches in einer Internet-Tauschbörse zum Download angeboten wird, besondere Umstände vorliegen, damit eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß angenommen werden kann, so das Gericht.

Zur Sache

Ein großes Musikunternehmen, das die Urheberrechte für die bei ihm unter Vertrag befindlichen Künstler wahrnimmt, hatte im vorliegenden Fall festgestellt, dass ein im August 2008 erschienenes Pop-Album in einer sogenannten Internet-Tauschbörse zu einem konkreten Zeitpunkt unter einer bestimmten IP-Adresse zum Download angeboten wurde. Das Landgericht Köln, bei dem entsprechende Verfahren massenhaft geführt werden, hat dem beteiligten Internet-Provider im Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG auf Antrag der Musikfirma gestattet, unter Verwendung der sog. Verkehrsdaten Auskunft über den Namen und die Anschrift des Nutzers zu erteilen, dem die für den betreffenden Vorgang ermittelte dynamische IP-Adresse zugewiesen war. Der Provider erteilte die Auskunft und benannte die Inhaberin des Anschlusses, von dem aus das Album zum Download angeboten worden war. Diese wurde von der Plattenfirma zur Abgabe einer sog. strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Kostenübernahme oder zur Zahlung eines abschließenden Vergleichsbetrages von EUR 1.200,00 aufgefordert. Mit ihrer Beschwerde beanstandete die Anschlussinhaberin nun, dass der Provider Informationen über ihren Internetanschluss weitergegeben und das Landgericht dies gestattet habe, ohne sie davon in Kenntnis zu setzen.

Entscheidung des Gerichts: Beschwerderecht des Anschlussinhabers im Auskunftsverfahren

Der 6. Zivilsenat des OLG Köln hat ein Beschwerderecht des Anschlussinhabers im Gestattungsverfahren bejaht. Der Anschlussinhaber habe - auch wenn sich die richterliche Gestattung mit der Erteilung der Auskunft durch den Provider erledigt habe - ein fortbestehendes Interesse daran, die Rechtswidrigkeit des Gestattungsbeschlusses auch nachträglich feststellen zu lassen. Dies werde nunmehr auf Grundlage von § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) ermöglicht, wonach ein berechtigtes Interesse in der Regel vorliegt, wenn schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen. Der Inhaber des Internetanschlusses werde durch die richterliche Anordnung weiterhin erheblich beeinträchtigt. Insofern wende sich der Rechteinhaber nach erteilter Auskunft zunächst an ihn und zwinge ihn gegebenenfalls, sich gegen den Vorwurf der Urheberrechtsverletzung verteidigen zu müssen. Ohne ein eigenes nachträgliches Beschwerderecht im Anordnungsverfahren wäre seine Verteidigung aber wesentlich erschwert, wenn er aus seiner Sicht fehlerhafte Feststellungen des anordnenden Gerichts erst im Rahmen eines späteren Klageverfahrens zur Überprüfung stellen könnte, in dem er durch den Rechteinhaber etwa auf Ersatz von Kosten und Schadenersatz in Anspruch genommen wird.

Beschwerderecht nur hinsichtlich der Voraussetzungen des § 101 Abs. 2 und 9 UrhG

Der Anschlussinhaber kann mit seiner Beschwerde aber nur die im Verfahren nach § 101 Abs. 2 und 9 UrhG zu prüfenden Voraussetzungen für die Auskunftserteilung durch den Provider (namentlich Rechtsinhaberschaft, Offensichtlichkeit und gewerbliches Ausmaß der Rechtsverletzung) zur Überprüfung stellen und nicht auch Einwände, auf die es im Gestattungsverfahren gar nicht ankommt, so z.B. die fälschliche Zuordnung der IP-Adresse durch den Provider, die Nutzung des Internetanschlusses zum fraglichen Zeitpunkt nicht durch ihn selbst, sondern seine Kinder oder Dritte, die sich unerlaubt in sein WLAN "eingehackt" haben müssten. All diese Punkte werden erst in einem ggf. weiteren Unterlassungs- oder Schadenersatzprozess geklärt.

Nicht ohne Weiteres gewerbliches Ausmaß bei 1 1/2 Jahre altem Musikalbum

Im konkreten Fall wurde die Internet-Anschlussinhaberin in ihren Rechten verletzt, da das gewerbliche Ausmaß der Urheberrechtsverletzung nicht festgestellt werden konnte. Bei einem Musikalbum, das schon vor mehr als 1 1/2 Jahren erschienen war, müssen besondere Umstände vorliegen, um eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß annehmen zu können, so das Gericht. Derartige Umstände waren im konkreten Fall nicht dargelegt worden.

Grundsätzliche Bedeutung: Rechtsbeschwerde zugelassen

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen. Diese kann binnen eines Monats beim Bundesgerichtshof eingelegt werden kann.

(tg) - Quelle: PM des OLG Köln vom 19.10.2010


Online seit: 20.10.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2244
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