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Rechtsprechung



BGH, Urteil vom 31.03.2010 - I ZR 34/08

Gewährleistungsausschluss im Internet - § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB zählt zu den Vorschriften i.S. des § 4 Nr. 11 UWG, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 11, § 8 Abs. 4; BGB § 474 Abs. 1 Satz 1, § 475 Abs. 1 Satz 1; ZPO §§ 139 Abs. 4, 156 Abs. 2 Nr. 1

Leitsätze:*

1. Die Ankündigung der Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses ist eine geschäftliche Handlung i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG.

2. Die Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses ist geeignet, dem Unternehmer Kosten zu ersparen, indem er Verbraucher davon abhält, seine Gewährleistungsansprüche geltend zu machen. Der Unternehmer kann dadurch in die Lage versetzt werden, günstigere Preise zu kalkulieren. Insoweit nimmt ein Unternehmer mit der angekündigten Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG mit dem Ziel vor, zugunsten seines Unternehmens den Absatz von Waren zu fördern, ohne dass es darauf ankommt, ob sich dieses Verhalten vor, bei oder nach Geschäftsabschluss auswirkt.

3. § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB zählt zu den Vorschriften i.S. des § 4 Nr. 11 UWG, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

4. Zwar enthält § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht ausdrücklich ein Verbot einer von gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften abweichenden Vereinbarung. Nach dem Wortlaut von § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB kann sich der Unternehmer nur auf eine entgegen dieser Vorschrift getroffene Vereinbarung nicht berufen. Dies ändert aber nichts daran, dass eine § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegenstehende Vereinbarung nicht zulässig ist. § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB sieht eine einem Klauselverbot jedenfalls vergleichbare Regelung vor.

5. § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB kommt eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion zu. Die Bestimmungen der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie dienen neben der Stärkung des Vertrauens der Verbraucher und der Erreichung eines hohen Vebraucherschutzniveaus dem Abbau von Wettbewerbsverzerrungen und der besseren Nutzung der Vorzüge des Binnenmarkts und der neuen Fernkommunikationstechniken (vgl. Richtlinie 1999/44/EG - Erwägungsgründe 1 und 3 bis 5). Diesen Zwecken dient § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB, der Art. 7 Abs. 1 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umsetzt. Gleiche Zielsetzungen verfolgt auch die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (vgl. Richtlinie 2005/29/EG - Erwägungsgrund 4).

6. Die Anwendbarkeit des § 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht wegen eines Vorrangs des § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 UKlaG ausgeschlossen.

MIR 2010, Dok. 139


Anm. der Redaktion: Leitsätze 1, 3, und 6 sind die amtlichen Leitsätze des Gerichts.
Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 14.10.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2239

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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