Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 10.12.2009 - I ZR 149/07
Sondernewsletter - Zur Blickfangwerbung für einen Telefontarif und eine Internet-Flatrate unter Angabe der Übertragungsgeschwindigkeit mittels E-Mail-Newsletter und zur Erstattung der Abmahnkosten für eine nur teilweise begründete wettbewerbsrechtliche Abmahnung.
PAngV § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 Satz 1 und 2; UWG (2004) §§ 4 Nr. 11, 5 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 und 2; UWG (2008) §§ 4 Nr. 11, 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 und 2; UWG § 12 Abs. 1 Satz 2
Leitsätze:*1. Die Verpflichtung zur Angabe des Endpreises in einer Werbung (hier: für einen Telefonanschluss und eine Internet-Flatrate in einem E-Mail-Newsletter)
besteht grundsätzlich allein hinsichtlich der unmittelbar angebotenen oder beworbenen
Produkte. Der Anbieter oder Werbende ist nach der Preisangabenverordnung nicht verpflichtet Preise von Produkten anzugeben, die
lediglich Gegenstand möglicher Folgegeschäfte sind. Dies gilt auch dann, wenn er diese selbst anbietet und mittelbar mitbewirbt (vgl.
BGH, Urteil vom 20.12.2007 - Az. I ZR 51/05, MIR 2008, Dok. 184 - Werbung für Telefondienstleistungen;
BGH, Urteil vom 17.07.2008 - Az. I ZR 139/05, MIR 2008, Dok. 356 - Telefonieren für 0 Cent!;
BGH, Urteil vom 05.11.2008 - Az. I ZR 55/06, MIR 2009, Dok. 129 - XtraPac).
Ist demgegenüber mit dem Erwerb des angebotenen oder beworbenen Produkts zugleich eine Entscheidung oder eine nicht ohne Weiteres abzuändernde
Vorentscheidung im Hinblick auf ein anderes Produkt des Anbieters oder Werbenden verbunden, ist der Anbieter oder Werbende verpflichtet, auch die
für dieses Produkt entstehenden Kosten deutlich kenntlich zu machen
(BGH, Urteil vom 20.12.2007 - Az. I ZR 51/05, MIR 2008, Dok. 184 - Werbung für Telefondienstleistungen).
Bezieht sich die Werbung auf kombinierte Leistungen, die aus der Sicht der angesprochenen Verbraucher als einheitliches Leistungsangebot und
Gegenstand eines einheitlichen Vertragsschlusses erscheinen, sind die Endpreises für das einheitliche Leistungsangebot anzugeben
(BGH, Urteil vom 17.07.2008 - Az. I ZR 139/05, MIR 2008, Dok. 356 - Telefonieren für 0 Cent!).
Ein einheitliches Leistungsangebot liegt hierbei jedenfalls dann vor, wenn die Inanspruchnahme der beworbenen Leistung zwangsläufig die
Inanspruchnahme einer anderen Leistung voraussetzt
(vgl. BGH, Urteil vom 17.07.2008 - Az. I ZR 139/05, MIR 2008, Dok. 356 - Telefonieren für 0 Cent!).
Zwar können und müssen mit dem Abschluss eines Vertrags verbundene Kosten, die nicht beziffert oder laufzeitabhängig sind, nicht in einen einheitlichen
Endpreis einbezogen werden. Derartige Kosten müssen aber - soweit sie Bestandteil des Endpreises sind - auf andere Weise hinreichend deutlich kenntlich
gemacht werden (BGH, Urteil vom 17.07.2008 - Az. I ZR 139/05, MIR 2008, Dok. 356 - Telefonieren für 0 Cent!).
2. Wer in einer an die Allgemeinheit gerichteten Werbung für einen Telefon-Tarif oder eine Internet-Flatrate unter Angabe von Preisen wirbt,
muss, wenn die Inanspruchnahme dieser Leistungen einen Kabelanschluss des Anbieters voraussetzt, in der Werbung hinreichend deutlich
auf die Kosten des Kabelanschlusses hinweisen.
3. Die eindeutige Zuordnung weiterer Preisbestandteile zu blickfangmäßig herausgestellten Preisangaben kann auf unterschiedliche Weise gewährleistet
werden. Insbesondere kann sie durch einen Sternchenhinweis erfolgen, der an den herausgestellten Angaben teilhat und dadurch eine klare und
unmissverständliche Zuordnung der weiteren Preisangaben zu den herausgestellten Preisangaben gewahrt bleibt
(vgl. BGH, Urteil vom 08.10.98 - Az. I ZR 187/97 - Handy für 0,00 DM).
Hierfür muss der Sternchenhinweis unmittelbar an den herausgestellten Angaben - dem Blickfang - und nicht etwa erst in einem den
herausgestellten Angaben nachfolgenden Fließtext erfolgen.
4. Wer in einer an die Allgemeinheit gerichteten Werbung für einen Internet-Zugang über ein Kabelnetz unter Angabe der Übertragungsgeschwindigkeit
wirbt, braucht nicht darauf hinzuweisen, dass diese Übertragungsgeschwindigkeit aufgrund von Umständen, auf die er keinen Einfluss hat,
nicht durchgängig erreicht werden kann.
5. Richtet sich die Höhe der Abmahnkosten nach dem Gegenstandswert der Abmahnung, sind die Kosten einer nur teilweise berechtigten Abmahnung
gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG nur zu ersetzen, soweit die Abmahnung berechtigt war. Dabei ist die Höhe des Ersatzanspruchs nach dem Verhältnis
des Gegenstandswerts des berechtigten Teils der Abmahnung zum Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zu bestimmen.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 22.06.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2187
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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