Rechtsprechung
LG Bonn, Urteil vom 18.11.2009 - 1 O 379/08
Haftung für Telefonwerbung durch "autorisierte Vertriebspartner" - Unverlangte Telefonwerbung gegenüber Privatpersonen stellt grundsätzlich einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen dar.
BGB §§ 823 Abs. 1, 1004; UWG § 7, ZPO § 3
Leitsätze:*1. Unverlangte Telefonwerbung gegenüber Privatpersonen stellt grundsätzlich einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht
(§§ 823, 1004 BGB) der Betroffenen dar.
2. Werden Dritte mit Wissen und Wollen eines Unternehmens als dessen "autorisierte Vertriebspartner" werbend tätig, muss sich dieses
Unternehmen das Verhalten solcher "Partnerunternehmen" und deren Mitarbeitern zurechnen lassen und haftet als (mittelbarer) Störer auf
Unterlassung. Eine derartige Haftung kann etwa nur dann entfallen, wenn Dritte ohne Kenntnis des Unternehmens tätig werden.
3. Die Behauptung der Eintragung in eine "Blacklist" ist grundsägtzlich nicht geeignet, die (widerlegbare) Vermutung der Wiederholungsgefahr
aufgrund stattgefundener rechtswidriger Eingriffe in Rechte Dritter für zukünftige Verletzungshandlungen auszuräumen. Grundsätzlich ist insoweit
nur die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausreichend. Dies gilt umso mehr, wenn ein substantiierter Vortrag dazu fehlt, wo und in
welcher Form eine solche "Blacklist" geführt wird, noch für welchen Personen- oder Unternehmenskreisen deren Beachtung verpflichtend sein soll
und wie eine solche "Blacklist" überhaupt eine Wirkung entfalten kann.
4. Der Rechtsgedanke von § 7 UWG ist auf Unterlassungsansprüche Privater nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB enstprechend anzuwenden, da diese Vorschrift
verbraucherschützenden Charakter hat. Die Ansprüche von Privatpersonen, die durch unverlangte Telefonwerbung betroffen sind, folgen dem Sinn und
Zweck der Regelung des § 7 UWG.
5. Bei einer zweimaligen "Belästigung" durch unverlangte Telefonwerbung kann die Festsetzung des Streitwerts auf EUR 3.000,00 angemessen sein.
Dies gilt jedenfalls soweit keine (weitergehende) besondere Belästigungswirkung - etwa aufgrund der Anzahl der Anrufe oder der Anrufzeit - anzunehmen ist.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 17.02.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2127
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2021, Dok. 21
Anwaltsverträge und das für den Fernabsatz organisierte Vertriebs- und Dienstleistungssystem - Zum Verbraucherwiderruf bei einem ausschließlich über Fernkommunikationsmittel abgeschlossenen Anwaltsvertrag
BGH, Urteil vom 19.11.2020 - IX ZR 133/19, MIR 2020, Dok. 089
Microstock-Portale - Verzicht auf Urheberbenennung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam!?
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2022, Dok. 073
SWR darf den Burda-Verlag nicht bei der Publikation der Zeitschrift ARD Buffet unterstützen
Bundesgerichtshof, MIR 2017, Dok. 007
Reizdarmsyndrom - Zur Frage, wann ein Arzt, der sich mit Fachaussagen selbst in die Öffentlichkeit begeben hat, eine (namentliche) Bezugnahme auf diese Fachaussagen in einer Werbeanzeige hinnehmen muss
BGH, Urteil vom 28.07.2022 - I ZR 171/21, MIR 2022, Dok. 074