Rechtsprechung
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 12.05.2009 - 11 W 21/09
§ 101 Abs. 9 UrhG bildet einen Erlaubnistatbestand nur für die gemäß § 96 TKG gespeicherten Verkehrsdaten und nicht für die allein aufgrund der Verpflichtung zur Speicherung nach § 113a TKG gespeicherten Daten. Zum Auskunftsanspruch nach § 101 Abs. 1, Abs. 2 UrhG.
UrhG § 101 Abs. 1, Abs. 2; TKG §§ 96, 113a; BGH §§ 280 Abs. 1, 281
Leitsätze:*1. § 101 Abs. 9 UrhG bildet einen Erlaubnistatbestand nur für die gemäß § 96 TKG gespeicherten Verkehrsdaten und nicht für die allein aufgrund
der Verpflichtung zur Speicherung nach § 113a TKG gespeicherten Daten.
Die Gestattung nach § 101 Abs. 9 UrhG schafft insoweit nur die datenschutzrechtliche Grundlage dafür, dass der Dritte berechtigt ist, die von dem
Anspruchsteller begehrten Daten nicht zu löschen, nicht aber die Erlaubnis, die nach § 113a TKG gespeicherten Daten für eine Auskunft an Private
für deren Rechtsverfolgung zu nutzen.
2. Die richterliche Anordnung der Auskunftspflicht ist Voraussetzung für den Auskunftsanspruch des Rechtsinhabers gegenüber dem
Internet-Provider (ISP bzw. Access-Provider) nach § 101 UrhG (vgl. BT-Drucks 16/5048, Seite 63; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.12.2008 - Az. 20 W 130/08,
MIR 2009, Dok. 009).
Das Rechtsschutzbedürfnis für die gerichtlich Inanspruchnahme eines Dritten (ISP) entfällt bei einer rechtskräftigen Ablehnung der Gestattung
der Verwendung von Verkehrsdaten. Insoweit ist zu prüfen, ob der Antragsteller Inhaber eines geistigen Schutzrechts ist, ob eine Rechtsverletzung
angenommen werden kann und ob die Schwere dieser Rechtsverletzung den Grundrechteingriff rechtfertigt (BT-Drucks 16/5048, Seite 35).
Zu berücksichtigen ist hierbei zudem, dass der Auskunftspflichtige in seinen Rechten beeinträchtigt wird, soweit er die betreffenden Verkehrsdaten nach der Gestattung
nicht mehr sanktionslos löschen kann, ohne sich schadenersatzpflichtigt nach §§ 280 Abs. 1, 281 BGB i.V.m. § 101 Abs. 2 UrhG zu machen (vgl.
OLG Köln, Beschluss vom 21.10.2008 - Az. 6 Wx 2/08, MIR 2008, Dok. 323).
3. Eine Rechtsverletzung im gewerblichen Ausmaß gemäß § 101 Abs. 2 UrhG ist gegeben, wenn eine vollständige Film-DVD (hier: Laufzeit 150 Minuten) rund 3 Monate nach
ihrer Veröffentlichung im Internet öffentlich zugänglich gemacht wird (hier: Veröffentlichung Oktober 2008 - Upload 12.01.2009).
Eine Rechtsverletzung "im gewerblichen Ausmaß" kommt unter anderem in Betracht, wenn eine besonder umfangreiche Datei, wie ein vollständiger
Kinofilm oder ein Musikalbum oder Hörbuch, kurz nach ihrer Veröffentlichung im Internet angeboten wird (BT-Drucks. 16/8783, Seite 50; hierzu auch
OLG Köln, Beschluss vom 09.02.2009 - Az. 6 W 182/08, MIR 2009, Dok. 061).
4. Im gewerblichen Ausmaß vorgenommene Rechtsverletzungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie zwecks Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren
wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteils vorgenommen werden. Handlungen von Endverbrauchern im guten Glauben sind nicht erfasst (unter Hinweis auf Erwägungsgrund 14
der Richtlinie 2004/48/EG).
5. Betrifft die Verletzungshandlung lediglich einzelne, vergleichsweie kleine Dateien, trägt diese die Annahme eines gewerblichen Ausmaßes nicht.
Für die "Gewerblichkeit" muss die Rechtsverletzung ein Ausmaß aufweisen, wie dies üblicherweise mit einer auf einem gewerblichen Handeln beruhenden
Rechtsverletzungen verbunden ist (OLG Köln, Beschluss vom 09.02.2009 - Az. 6 W 182/08,
MIR 2009, Dok. 061). Wir eine umfangreiche Datei in eine Internet-Tauschbörse
zum kostenlosen Herunterladen eingestellt und damit die Verbreitung in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen ermöglicht, liegt danach eine Rechtsverletzung im gewerblichen Ausmaß vor.
6. Demjenigen, der ein aktuelles auf dem Markt befindliches, umfangreiches urheberrechtlich geschütztes Werk im Internet über sog. "Tauschbören" anbietet, ist nach der
Lebenserfahrung auch bekannt, dass er hierzu nicht berechtigt ist. Dies steht der Annahme eines Handelns im guten Glauben entgegen.
Die Teilnahme an einer Tauschbörse stellt darüber hinaus regelmäßig zugleich ein Handeln in der Absicht dar, selbst kostenlos wiederrechtlich angebotene Werke herunterzuladen
und dadurch einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen (ebenso: OLG Köln, Beschluss vom 09.02.2009 - Az. 6 W 182/08,
MIR 2009, Dok. 061).
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 08.12.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2087
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