Kurz notiert
Bundesgerichtshof
"Stumme Verkäufer" - Der Zeitungsvertrieb über ungesicherte Verkaufshilfen ist wettbewerbsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden.
BGH, Urteile vom 29.10.2009 – Az. I ZR 180/07 und I ZR 188/07; Vorinstanzen: KG Berlin, Urteil vom 21.09.2007 – Az. 5 U 199/06, LG Berlin, Urteil vom 21.11.2006 – Az. 102 O 67/06 und KG, Urteil vom 21.09.2007 – Az. 5 U 198/06, LG Berlin, Urteil vom 21.11.2006 – Az. 102 O 66/06
MIR 2009, Dok. 220, Rz. 1
1
Mit zwei Urteilen vom 29.10.2009 (Az. I ZR 180/07 und I ZR 188/07) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Vertrieb von Zeitungen über ungesicherte Verkaufshilfen, so genannte "stumme Verkäufer" oder "Mediaboxen",
wettbewerbsrechtlich grundsätzlich zulässig ist. Ein solches Vertriebsmodell stelle regelmäßig weder eine unangemessen unsachliche Einflussnahme aufgrund übertrieben
Anlockens noch eine wettbewerbswidrige Marktstörung dar. Dies gelte umso mehr, wenn ein deutlicher Hinweis erfolgt, dass ein Exemplar der betreffenden Zeitung
nur gegen Bezahlung entnommen werden dürfen und der Diebstahl verfolgt wird.
Zur Sache
Geklagt hatten die Berliner Zeitungsverlage, die die "Berliner Zeitung", den "Berliner Kurier" und den "Tagesspiegel" herausgeben. Beklagte ist die Axel Springer AG, die in Berlin über einen Marktanteil – bezogen auf die verkauften Exemplare – von 50% verfügt. Der Springer-Verlag plant, seine Zeitung "WELT KOMPAKT" zu einem Kaufpreis von 70 Cent auch über ungesicherte Verkaufshilfen, sogenannte "Stumme Verkäufer", abzusetzen. Nach Ansicht der Kläger sei diese Vertriebsart wettbewerbswidrig, da sie in erheblichem Umfang auf eine Gratisabgabe hinauslaufe und die Verbraucher durch die Möglichkeit, sich die Zeitung ohne Bezahlung zu verschaffen, übermäßig angelockt würden. Zudem führe eine solche Vertriebspraxis der Beklagten zu einer allgemeinen Marktbehinderung.
Während das Landgericht Berlin den erhobenen Unterlassungsklagen stattgab, führte die Berufung der Beklagten zum Kammergericht zur Klageabweisung.
Entscheidung des BGH: "Stumme Verkäufer" sind wettbewerbsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden
Der Bundesgerichtshof hat die Klageabweisung nunmehr bestätigt.
Keine unangemessen unsachliche Einflussnahme - Entscheidungsfreiheit "diebischer Verbraucher" wettbewerbsrechtlich nicht schutzwürdig
Es fehle an einer unangemessen unsachlichen Einflussnahme (§ 4 Nr. 1 UWG) auf die Personen, die sich durch die beanstandete Geschäftsmethode der Beklagten, die "stummen Verkäufer", dazu verleiten lassen, Zeitungen aus den Verkaufsautomaten ohne Bezahlung zu entnehmen. Ein Unterlassungsanspruch wegen übertriebenen Anlockens bestehe deshalb jedenfalls nicht. Die Entscheidungsfreiheit der Verbrauchern, die sich durch die ungesicherten Verkaufsboxen zu einem Diebstahl verleiten ließen verdiene zudem wettbewerbsrechtlich keinen Schutz.
Keine wettbewerbsrechtliche Marktstörung - "Stumme Verkäufer" keine ernsthafte Gefahr für den Wettbewerb
Das beanstandete Verhalten des Springer-Verlages stelle auch keine wettbewerbswidrige Marktstörung dar (§§ 3, 4 Nr. 10 UWG). Unter diesem Gesichtspunkt könne einem Anbieter zwar untersagt werden, seine Waren in großem Umfang zu verschenken, wenn dadurch andere Wettbewerber aus dem Markt gedrängt werden und deswegen die ernstliche Gefahr bestehe, dass der Wettbewerb auf dem fraglichen Markt erheblich eingeschränkt werde. Der Vertrieb über stumme Verkäufer begründe aber eine solche ernste Gefahr für den Wettbewerb nicht. Dies hatte der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahre 1996 (BGH, Urteil vom 15.02.1996 - Az. I ZR 1/94 – Stumme Verkäufer) noch anders beurteilt.
Im Streitfall kam hinzu, dass sich der Springer-Verlag gegenüber den Klägern verpflichtet hatte, auf den Verkaufsboxen deutlich darauf hinzuweisen, dass eine Zeitung nur gegen Bezahlung des Kaufpreises entnommen werden dürfe, Diebstahl verfolgt werde und Kontrolleure im Einsatz seien.
(tg) - Quelle: PM des BGH Nr. 222/2009
Zur Sache
Geklagt hatten die Berliner Zeitungsverlage, die die "Berliner Zeitung", den "Berliner Kurier" und den "Tagesspiegel" herausgeben. Beklagte ist die Axel Springer AG, die in Berlin über einen Marktanteil – bezogen auf die verkauften Exemplare – von 50% verfügt. Der Springer-Verlag plant, seine Zeitung "WELT KOMPAKT" zu einem Kaufpreis von 70 Cent auch über ungesicherte Verkaufshilfen, sogenannte "Stumme Verkäufer", abzusetzen. Nach Ansicht der Kläger sei diese Vertriebsart wettbewerbswidrig, da sie in erheblichem Umfang auf eine Gratisabgabe hinauslaufe und die Verbraucher durch die Möglichkeit, sich die Zeitung ohne Bezahlung zu verschaffen, übermäßig angelockt würden. Zudem führe eine solche Vertriebspraxis der Beklagten zu einer allgemeinen Marktbehinderung.
Während das Landgericht Berlin den erhobenen Unterlassungsklagen stattgab, führte die Berufung der Beklagten zum Kammergericht zur Klageabweisung.
Entscheidung des BGH: "Stumme Verkäufer" sind wettbewerbsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden
Der Bundesgerichtshof hat die Klageabweisung nunmehr bestätigt.
Keine unangemessen unsachliche Einflussnahme - Entscheidungsfreiheit "diebischer Verbraucher" wettbewerbsrechtlich nicht schutzwürdig
Es fehle an einer unangemessen unsachlichen Einflussnahme (§ 4 Nr. 1 UWG) auf die Personen, die sich durch die beanstandete Geschäftsmethode der Beklagten, die "stummen Verkäufer", dazu verleiten lassen, Zeitungen aus den Verkaufsautomaten ohne Bezahlung zu entnehmen. Ein Unterlassungsanspruch wegen übertriebenen Anlockens bestehe deshalb jedenfalls nicht. Die Entscheidungsfreiheit der Verbrauchern, die sich durch die ungesicherten Verkaufsboxen zu einem Diebstahl verleiten ließen verdiene zudem wettbewerbsrechtlich keinen Schutz.
Keine wettbewerbsrechtliche Marktstörung - "Stumme Verkäufer" keine ernsthafte Gefahr für den Wettbewerb
Das beanstandete Verhalten des Springer-Verlages stelle auch keine wettbewerbswidrige Marktstörung dar (§§ 3, 4 Nr. 10 UWG). Unter diesem Gesichtspunkt könne einem Anbieter zwar untersagt werden, seine Waren in großem Umfang zu verschenken, wenn dadurch andere Wettbewerber aus dem Markt gedrängt werden und deswegen die ernstliche Gefahr bestehe, dass der Wettbewerb auf dem fraglichen Markt erheblich eingeschränkt werde. Der Vertrieb über stumme Verkäufer begründe aber eine solche ernste Gefahr für den Wettbewerb nicht. Dies hatte der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahre 1996 (BGH, Urteil vom 15.02.1996 - Az. I ZR 1/94 – Stumme Verkäufer) noch anders beurteilt.
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(tg) - Quelle: PM des BGH Nr. 222/2009
Online seit: 30.10.2009
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