Rechtsprechung
LG Bielefeld, Urteil vom 26.05.2009 - 17 O 59/09
Erstattung von Abmahnkosten bei bereits erfolgter Drittunterwerfung? - Die Kostenerstattung nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG kann grundsätzlich nicht (mehr) verlangt werden, wenn bereits eine - ernsthafte - Drittunterwerfung gegenüber einem Mitbewerber erfolgt ist.
UWG §§ 9, 12 Abs. 1 Satz 2; BGB § 254
Leitsätze:*1. Mit der Unterwerfung gegenüber einem Mitbewerber entfällt die Wiederholungsgefahr gegenüber der Gesamtheit der Mitbewerber und Abmahnberechtigten.
Weitere Abmahnungen wegen desselben Sachverhaltes sind dann objektiv unberechtigt. Die subjektive Unkenntnis des Abmahnenden von der Drittabmahnung
bzw. Drittunterwerfung ändert hieran nichts.
2. Die Kostenerstattung nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG kann deshalb nicht (mehr) verlangt werden, wenn bereits eine - ernsthafte - Drittunterwerfung gegenüber einem Mitbewerber erfolgt ist. Ein Kostenerstattungsanspruch lässt sich in einem solchen Fall insbesondere auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag herleiten, da die Abmahnung nicht im Interesse des Abgemahnten liegen kann, soweit kein
Unterlassungsanspruch (mehr) besteht.
3. Die Kosten einer Abmahnung sind nicht ohne weiteres als Schaden im Sinne von § 9 UWG anzusehen.
Da die Abmahnung dem Unterlassungsanspruch zugeordnet ist und nicht dem Schadenersatzanspruch, fällt die in den Abmahnkosten liegende
Vermögenseinbuße grundsätzlich nicht in den Schutzbereich der Norm.
4. Die Kosten einer Abmahnung sind jedoch ausnahmsweise dann als Schaden einzustufen, wenn die Abmahnung (auch) dem Zweck dient, eine andauernde
wettbewerbswidrige Handlung zu beenden, aus der dem Abmahnenden Schaden oder weiterer Schaden droht
(vgl. BGH, Urteil vom 23.11.2006 - Az. I ZR 276/03, MIR 2007, Dok. 205 - Abmahnaktion). Dann ist die Abmahnung eine Art Rettungshandlung, die der Schadensvermeidung oder -minderung dient und nach § 254 BGB sogar geboten sein kann.
Der Ersatz solcher "Rettungskosten" ist vom Schutzweck von § 9 UWG umfasst.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 29.09.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2036
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 27.01.2022 - III ZR 3/21, MIR 2022, Dok. 022
Vollsynthetisches Motorenöl - Irreführung über wesentliche Merkmale einer Ware durch unrichtige Angaben über die Zugehörigkeit zu einer Produktkategorie
BGH, Urteil vom 21.06.2018 - I ZR 157/16, MIR 2018, Dok. 048
Die datenschutzrechtlichen Informationspflichten gemäß Art. 13 Abs. 1 lit. a, c und Abs. 2 lit. b, d und e DSGVO stellen Marktverhaltensregelungen dar - Art. 13 Abs. 1 Satz TMG durch DSGVO verdrängt
OLG Stuttgart, Urteil vom 27.02.2020 - 2 U 257/19, MIR 2020, Dok. 016
Polaroid Color 600 vs. instax SQUARE - Vertrieb von quadratischen Sofortbild-Filmen zulässig
Oberlandesgericht Köln, MIR 2020, Dok. 057
Du sollst nicht verschweigen Deines Gegners Schriftsatz - Im einstweiligen Verfügungsverfahren hat der Antragsteller alles Zumutbare und Mögliche zu tun, damit das Gericht die Grundsätze der prozessualen Waffengleichheit einhalten kann (aut simile!)
OLG München, Urteil vom 05.08.2021 - 29 U 6406/20, MIR 2021, Dok. 079