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Rechtsprechung



EuGH, Urteil vom 04.06.2009 - C-243/08

Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen - Zur Verpflichtung und Befugnis nationaler Gerichte, die Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln in Verbraucherverträgen von Amts wegen zu prüfen.

Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen Art. 6 Abs. 1

Leitsätze:*

1. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass eine missbräuchliche Vertragsklausel für den Verbraucher nicht verbindlich ist, und dass es hierzu nicht erforderlich ist, dass der Verbraucher sie vorher erfolgreich angefochten hat.

2. Den Mitgliedsstaaten ist es nicht gestattet, in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften, die Unverbindlichkeit einer missbräuchlichen Klausel für den Verbraucher von einer Voraussetzung (hier: Anfechtung der Klausel) abhängig zu machen.

3. Das nationale Gericht ist verpflichtet, die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel von Amts wegen zu prüfen, sobald es über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt. Ist es der Auffassung, dass eine solche Klausel missbräuchlich ist, so lässt es sie unangewendet, sofern der Verbraucher dem nicht widerspricht. Diese Verpflichtung obliegt dem nationalen Gericht auch bei der Prüfung seiner eigenen örtlichen Zuständigkeit.

4. Der den Verbrauchern durch die Richtlinie 93/13/EWG gewährte Schutz erstreckt sich auf alle Fälle, in denen sich ein Verbraucher, der mit einem Gewerbetreibenden einen Vertrag geschlossen hat, der eine missbräuchliche Klausel enthält, nicht auf die Missbräuchlichkeit dieser Klausel beruft, weil er entweder seine Rechte nicht kennt oder durch die Kosten, die eine Klage vor Gericht verursachen würde, von der Geltendmachung seiner Rechte abgeschreckt wird.

5. Es ist Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob eine Vertragsklausel wie die, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, die Kriterien erfüllt, um als missbräuchlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG qualifiziert zu werden. Dabei hat das nationale Gericht zu beachten, dass eine Klausel, die in einen Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Gewerbetreibenden aufgenommen worden ist, ohne im Einzelnen ausgehandelt worden zu sein, und die ausschließliche Zuständigkeit dem Gericht zuweist, in dessen Bezirk der Gewerbetreibende seinen Sitz hat, als missbräuchlich angesehen werden kann.

MIR 2009, Dok. 127


Anm. der Redaktion: Die Leitsätze 1, 3 bis 5 geben den Tenor des Urteils wieder.
Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 06.06.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1968

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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