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Kurz notiert



Bundesgerichtshof

Sexueller Missbrauch von Kindern mittels Webcam - Die Verwirklichung des Tatbestands von § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB setzt keine unmmittelbare räumliche Nähe des Täters zu den betroffenen Kindern voraus. Maßgeblich ist die unmittelbare Wahrnehmbarkeit sexueller Handlungen des Täters.

BGH, Beschluss vom 21.04.2009 - 1 StR 105/09; Vorinstanzen: Landgericht München I, Urteil vom 15.12.2008 – Az. 12 Kls 468 Js 310758/07

MIR 2009, Dok. 113, Rz. 1


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Ein sexueller Missbrauch von Kindern nach § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB liegt auch dann vor, wenn der Täter sexuelle Handlungen an sich vornimmt und diese simultan mittels Webcam über das Internet Kindern gegenüber wahrnehmbar macht und übermittelt. Auf die unmittelbare räumliche Nähe zwischen Täter und Opfer kommt es nicht an. Dies geht aus einem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 21.04.2009 (Az. 1 StR 105/09) hervor.

Zur Sache:

Das Landgericht München I hat den Angeklagten am 15. Dezember 2008 wegen fünf tateinheitlich begangener Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern in weiterer Tateinheit mit der Verbreitung pornographischer Darbietungen durch Teledienste zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten. Nach den Urteilsfeststellungen trat der mehrfach wegen Sexualdelikten vorbestrafte Angeklagte über das Internet mit fünf Kindern aus Belgien in Kontakt. Während dieser Verbindung wurden Live-Bilder des Angeklagten und der Kinder mittels Webcam übertragen. Der Angeklagte äußerte diesen gegenüber, dass er sie "ficken" wolle. Eines der Kinder, ein Mädchen, drehte daraufhin die Webcam weg und teilte dem Angeklagten mit, dass sie erst zwölf Jahre alt sei. Daraufhin schrieb der Angeklagte zurück: "Ist egal wie alt ihr seid, willst du dich ausziehen? Ich will dich ficken." Anschließend richtete der Angeklagte seine Webcam auf sein entblößtes Glied und führte Onanierbewegungen durch, um sich sexuell zu erregen, wobei es ihm darauf ankam, dass die Kinder seine Handlungen am Bildschirm wahrnahmen.

Entscheidung des BGH: Die Verwirklichung des Tatbestands von § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB setzt keine unmmittelbare räumliche Nähe des Täters zu den betroffenen Kindern voraus. Die unmittelbare Wahrnehmbarkeit sexueller Handlungen des Täters bei einer simultanen Bildübertragung mittels Webcam reicht aus.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen. Auch wenn sich der Angeklagte und die fünf Kinder nicht in unmittelbarer räumlicher Nähe zueinander befunden haben, so konnten die Opfer, die mit dem Angeklagten in einer Interaktion standen, dessen entblößtes Glied und die Onanierbewegungen aufgrund der simultanen Bildübertragung mittels Webcam und Internet am Bildschirm ihres Computers unmittelbar wahrnehmen. Die Strafkammer sei deshalb zu Recht von einer Strafbarkeit des Angeklagten nach § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB ausgegangen, da im Hinblick auf den Willen des Gesetzgebers kein Zweifel daran bestehe, dass Kinder zum Schutz ihrer ungestörten Gesamtentwicklung vor solchen Wahrnehmungen umfassend bewahrt werden sollen, so der Bundesgerichtshof.

(tg) - Quelle: PM des BGH Nr. 108/2009 vom 14.05.2009


Online seit: 14.05.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1954
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