Rechtsprechung
OLG Stuttgart, Urteil vom 26.11.2008 - 4 U 109/08
Keine Haftung des Suchmaschinenbetreibers für persönlichkeitsverletzende Suchergebnisse - Soweit ein Eintrag in den Suchergebnissen einer Internet-Suchmaschine nur einen geringfügigen und nicht folgenschweren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht Dritter darstellt, fehlt es diesem grundsätzlich an der Widerrechtlichkeit.
BGB §§ 823 Abs. 1, 1004; GG Art. 1
Leitsätze:*1. Der durchschnittliche Nutzer einer Internet-Suchmaschine weiß, dass die Suchergebnisse nicht auf der intellektuellen
Leistung von Menschen beruhen, sondern - genauso wie die Darstellung des Suchergebnisses und deren Inhalte - ohne menschliche Einwirkung
automatisiert erstellt werden. Der Nutzer verbindet zudem mit dem Suchergebnis jedenfalls dann keine inhaltliche Aussage, wenn darin nicht
ganze Sätze der gefundenen Seite dargestellt werden, sondern lediglich so genannte "Snippets", d.h. Ausschnitte bzw. "Schnipsel" der
betreffenden Inhalte (vgl. Hanseatisches OLG, Urteil vom 20.02.2007 - Az. 7 U 126/06 =
MIR 2007, Dok. 075).
2. Soweit ein Eintrag in den Suchergebnissen einer sozialadäquat betriebenen, der Allgemeinheit grundsätzlich nützlichen Internet-Suchmaschine einen
nur geringfügigen und nicht folgenschweren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht Dritter darstellt, fehlt es diesem grundsätzlich an der Widerrechtlichkeit.
Der Suchmaschinenbetreiber haftet dann nicht als Täter, aber auch nicht als Störer, da die Störerhaftung zwar kein Verschulden, allerdings einen rechtswidrigen Zustand
voraussetzt (BGH NJW-RR 2003, 953). Dies gilt jedenfalls, soweit keine belastenden Kriterien auf Seiten des Suchmaschinenbetreibers vorliegen.
3. Bei der Frage der Widerrechtlichkeit des Eingriffs ist im Fall von Persönlichkeitsverletzungen durch Suchmaschinenergebnisse zu berücksichtigen,
dass der Betrieb einer Internet-Suchmaschine anders als ausschließlich automatisiert nicht denkbar und der Einsatz von Suchmaschinen an sich
für eine sinnvolle Nutzung des Internet unabdingbar ist (vgl. Hanseatisches OLG, Urteil vom 20.02.2007 - Az. 7 U 126/06 =
MIR 2007, Dok. 075).
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 27.12.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1839
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2024, Dok. 021
Elektronisches Dokument; einfache Signatur - Für die einfache Signatur eines Schriftsatzes gemäß § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO genügt der maschinenschriftlich wiedergegebene Name des Verfassers
BGH, Beschluss vom 30.11.2023 - III ZB 4/23, MIR 2024, Dok. 003
Titelerschleichung durch Umgehung der prozessualen Wahrheitspflicht - Eine rechtsmissbräuchlich und unter Verstoß gegen Treu und Glauben erwirkte Beschlussverfügung ist aufzuheben
LG München I, Urteil vom 24.01.2017 - 33 O 7366/16, MIR 2017, Dok. 011
Sachgerechte Prozessführung - Wegfall der Dringlichkeitsvermutung bei Nichtbegründung einer sofortigen Beschwerde gegen einen zurückweisenden Beschluss im Verfügungsverfahren
OLG Nürnberg, Beschluss vom 28.02.2023 - 3 W 290/23, MIR 2023, Dok. 026
Silver Horse/Power Horse - Keine (zulassungsfreie) Rechtsbeschwerde gegen die Unterlassung einer gebotenen Zulassung der Rechtsbeschwerde und Anforderungen an Nichtbenutzungseinrede gemäß § 43 Abs. 1 MarkenG
BGH, Beschluss vom 01.06.2023 - I ZB 65/22, MIR 2023, Dok. 055