Rechtsprechung
LG Erfurt, Urteil vom 20.11.2008 - 3 O 1140/08
Darlegungs- und Beweislast für den Zugang des Abmahnschreibens - Ein Verfügungskläger, der einen urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch mittels einstweiliger Verfügung verfolgt, kann gehalten sein, die Umstände der Absendung einer vorausgegangenen erfolglosen Abmahnung vorzutragen und zu beweisen.
ZPO § 93; UrhG § 97 Abs. 1
Leitsätze:*1. Anlass zur Klage im Sinne des § 93 ZPO gibt der Schuldner eines urheberrechtlichen Unterlassungsanspruchs
(hier: wegen Peer-to-Peer/Filesharing) nur, wenn er erfolglos abgemahnt wurde (vgl. § 97a Abs. 1 UrhG).
2. Beruft sich der Unterlassungsschuldner bzw. Verfügungsbeklagte auf die ihn begünstigende Regelung des § 93 ZPO, da
ihm ein Abmahnschreiben im Vorfeld des Verfügungsverfahrens nicht zugegangen sei, ist er zunächst für den nicht
erfolgten Zugang der Abmahnung darlegungs- und beweisbelastet. Hierbei handelt es sich allerdings um eine
negative Tatsache, die zu einer sekundären Darlegungslast des Unterlassungsgläubigers bzw. Verfügungsklägers führt (mit Verweis auf BGH, Beschluss vom 21.12.2006 - Az. I ZB 17/06 =
MIR 2007, Dok. 219).
3. Der Verfügungskläger, der einen urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch mittels einstweiliger Verfügung verfolgt, ist
daher auf das einfache Bestreiten des Zugangs der vorausgegangenen Abmahnung durch den Verfügungsbeklagten
gehalten, die genauen Umstände der Absendung des Abmahnschreibens vorzutragen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen.
Erst dann kann der Verfügungsbeklagte insoweit qualifiziert bestreiten.
4. Die Vorlage eines Auszugs aus dem Postausgangsbuch einer Rechtsanwaltskanzlei, der lediglich den Versand einer Vielzahl von
Abmahnungen dokumentiert, nicht aber an wen diese Abmahnungen versandt wurden, belegt nicht die ordnungsgemäße
Versendung des Abmahnschreibens an einen späteren Verfügungsbeklagten.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 27.11.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1815
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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