Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 26.06.2008 - I ZR 170/05
ICON - Eine Nachahmung setzt voraus, dass dem Hersteller im Zeitpunkt der Schaffung des beanstandeten Produkts das Vorbild bekannt ist und es sich nicht um eine selbständige Zweitentwicklung handelt. Eine generelle, wettbewerbsrechtliche Pflicht zur Abstandswahrung besteht nicht.
UWG §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a, §§ 8, 9; BGB § 242; UWG a.F. § 1
Leitsätze:*1. Der Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses kann wettbewerbswidrig sein, wenn
das Produkt von wettbewerblicher Eigenart und besondere Umstände hinzutreten, die eine
Nachahmung unlauter erscheinen lassen. An diese besonderen Umstände sind geringere Anforderungen zu
stellen, je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind
BGH, Urteil vom 21.09.2006 - Az. I ZR 270/03, WRP 2007, 313 - Stufenleitern; BGH, Urteil vom 24.04.2007 - Az. I ZR 104/04, WRP
2007, 1455 - Gartenliege).
2. Wettbewerbliche Eigenart liegt vor, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale eines Produkts geeignet sind,
die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH, Urteil vom
24.04.2007 - Az. I ZR 104/04 - Gartenliege). Hierbei kann auch die Kombination bestimmter Gestaltungsmerkmale geeignet sein,
einem Erzeugnis gegenüber vergleichbaren Modellen der Konkurrenz ein individuelles Erscheinungsbild zu verleihen und so
auf dessen betriebliche Herkunft hinzuweisen. Auch eine als neu empfundene Kombination bekannter Gestaltungsmerkmale kann eine
wettbewerbliche Eigenart begründen.
3. Eine Nachahmung i.S. des § 4 Nr. 9 lit. a UWG setzt voraus, dass dem Hersteller im Zeitpunkt der
Schaffung des beanstandeten Produkts das Vorbild bekannt ist und es sich nicht um eine selbständige
Zweitentwicklung handelt.
4. Einen Unternehmer, der unabhängig von einem fremden Erzeugnis ein eigenes Produkt entwickelt hat,
trifft keine generelle Pflicht zur Wahrung eines Abstands zu einem identischen oder ähnlichen Erzeugnis,
das ein Mitbewerber bereits auf den Markt gebracht hat.
5. Eine Unterlassungsklage ist nur dann begründet, wenn die im Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrige Handlung
auch nach der im Zeitpunkt der Klage geltenden Rechtslage Unterlassung verlangt werden kann.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 03.11.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1795
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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