Rechtsprechung
LG Frankenthal, Beschluss vom 15.09.2008 - 6 O 325/08
Gewerbliches Ausmaß erst ab 3.000 Musik-Files oder 200 Filmen - Wird lediglich die Programmdatei eines 3 Monate alten Computerspiels mit einem Wert von EUR 25,00 in einer P2P-Tauschbörse zur Verfügung gestellt, ist ein Handeln gewerblichen Ausmaßes im Sinne von § 101 UrhG nicht anzunehmen.
UrhG § 101
Leitsätze:*1. Ein Handeln im gewerblichen Ausmaß im Sinne von § 101 UrhG ist bei mittels des Internet begangenen Urheberrechtsverletzungen
erst ab einer Anzahl von etwa 3.000 Musikstücken oder 200 Filmen anzunehmen.
2. Kriterien für die Annahme eines Handelns im gewerblichen Ausmaß sind im Wesentlichen die Anzahl der zum Herunterladen
zur Verfügung gestellten Dateien, deren Art (z.B. einzelne Musiktitel, Alben, ganze Filme) und die Aktualität und damit
deren Marktwert (z.B. Kinofilm vor Start in Deutschen Kinos). Ebenfalls zu berücksichtigen sind insoweit die Planmäßigkeit und
Dauerhaftigkeit des Handelns des Betroffenen, Anhaltspunkte für eine etwaige Gewinn- und/oder Einnahmeerzielungsabsicht
sowie eine etwaig nach außen deutlich werdende Teilnahme am Erwerbsleben.
3. Wird lediglich die Programmdatei eines erst 3 Monate alten Computerspiels mit einem Wert von EUR 25,00
in einer P2P-Tauschbörse zur Verfügung gestellt, ist ein Handeln gewerblichen Ausmaßes im Sinne von § 101 UrhG nicht anzunehmen.
4. Bei dynamischen IP-Adressen handelt es sich um Verkehrsdaten im Sinne des § 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG (LG Frankenthal,
Beschluss vom 21.05.2008 - Az. 6 O 156/08,
MIR 2008, Dok. 180 = K&R 2008, 467ff).
5. Der Inhaber eines WLAN-Anschlusses im privaten Bereich haftet nicht generell wegen der abstrakten Gefahr eines
Missbrauchs von außen als Störer. Eine Haftung kommt erst dann in Betracht, wenn konkrete Anhaltspunkte bestehen
(OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 01.07.2008 - Az. 11 U 52/07, MIR 2008, Dok. 206). Nichts anderes gilt für die Betreiber öffentlicher WLAN-Anschlüsse (so genannte "HotSpots")
in Internet-Cafes, Flughäfen, Hotels, Büchereien, Gemeinden etc.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 26.09.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1758
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 28.05.2020 - I ZR 253/16, MIR 2020, Dok. 056
Balloon - Lizenzschaden und Lizenzanalogie bei der Benutzung des Designs für ein einfaches Sofa
OLG Köln, Urteil vom 30.09.2022 - 6 U 77/22, MIR 2023, Dok. 006
Ausschließlichkeitsrechte und urheberrechtlicher Schutzbereich bei Werken der angewandten Kunst
BGH, Beschluss vom 23.03.2023 - I ZR 104/22, MIR 2023, Dok. 043
Wer liebt, der schiebt! - Bildberichterstattung über Altbundespräsident Christian Wulff mit Ehefrau Bettina beim Supermarkteinkauf rechtmäßig
Bundesgerichtshof, MIR 2018, Dok. 009
E-Mail-Lesebestätigung - Nutzt ein Rechtsanwalt im Kanzleibetrieb die E-Mail-Korrespondenz, muss er die Kenntnisnahme von Nachrichten (hier betreffend den Ablauf der Revisionsfrist) sicherstellen
BGH, Beschluss vom 18.11.2021 - I ZR 125/21, MIR 2022, Dok. 013