Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 16.07.2008 - VIII ZR 348/06
Payback - Zur (Un-) Wirksamkeit verschiedener Klauseln betreffend der Einwilligung in Werbung und der Datennutzung sowie -weitergabe in den Allgemeinen GeschÀftsbedingungen eines Kundenbindungs- und Rabattsystems.
BGB § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1; BDSG §§ 4 Abs. 1, 4a Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; UWG § 7 Abs. 2 Nr. 3
LeitsĂ€tze:*1. In Allgemeinen GeschĂ€ftsbedingungen, die der Betreiber eines Kundenbindungs- und Rabattsystems fĂŒr VertrĂ€ge mit
Verbrauchern ĂŒber die Teilnahme an dem System verwendet, hĂ€lt die Klausel
"Mit meiner Unterschrift erklÀre ich mich einverstanden, dass die von mir oben angegebenen Daten sowie die
Rabattdaten (Waren/Dienstleistungen, Preis, Rabattbetrag, Ort und Datum des Vorgangs) fĂŒr an mich gerichtete Werbung
(z.B. Informationen ĂŒber Sonderangebote, Rabattaktionen) per Post und mittels ggfs. von mir beantragter Services
(SMS oder E-Mail-Newsletter) sowie zu Zwecken der Marktforschung ausschlieĂlich von der L. GmbH und den Partnerunternehmen
gemÀà Nummer 2 der beiliegenden Hinweise zum Datenschutz gespeichert und genutzt werden.
(...)
[ ] Hier ankreuzen, falls die Einwilligung nicht erteilt wird."
der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, soweit sie die Einwilligung in die Speicherung
und Nutzung der Daten fĂŒr die Zusendung von Werbung per SMS oder E-Mail-Newsletter betrifft.
Soweit die Klausel die Einwilligung in die Speicherung und Nutzung der Daten fĂŒr die Zusendung von Werbung per Post sowie
zu Zwecken der Marktforschung betrifft, unterliegt sie gemÀà § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht der Inhaltskontrolle.
2. In Allgemeinen GeschÀftsbedingungen der vorgenannten Art unterliegen folgende Klauseln nicht der Inhaltskontrolle:
"Wenn Sie am Payback Programm teilnehmen, werden ... Ihr Geburtsdatum ... benötigt. ...";
"Setzen Sie Ihre Payback-Karte bei einem Partnerunternehmen ein, so meldet dieses die Rabattdaten (Waren/Dienstleistungen ...)
an L. zur Gutschrift, Abrechnung gegenĂŒber den Partnerunternehmen, Verwaltung und Auszahlung der Rabatte."
3. Nach § 4a Abs. 1 BDSG ist es zur Wirksamkeit der Einwilligung nicht erforderlich, dass der Betroffene sie gesondert
erklĂ€rt, indem er eine zusĂ€tzliche Unterschrift leistet oder ein dafĂŒr vorgesehenes KĂ€stchen zur positiven Abgabe
der EinwilligungserklÀrung ankreuzt ("Opt-in"-ErklÀrung). Vielmehr ergibt sich aus § 4 Abs. 1 Satz 4 BDSG, dass
die Einwilligung (hier: zur Werbung mittels Post und zu Zwecken der Markforschung) auch zusammen mit anderen ErklÀrungen
schriftlich erteilt werden kann, sofern diese besonders hervorgehoben wird. Die Einwilligung darf nicht im "Kleingedruckten"
versteckt werden. Ihr Bezugsgegenstand muss dem Betroffenen bewusst sein.
4. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 Var. 3 UWG stellt die einwilligungslose Werbung mittels elektronischer Post
(hier insbesondere: E-Mail und SMS) eine unzumutbare BelÀstigung dar. Eine Einwilligungsklausel, nach deren Gestaltung der
Kunde tÀtig werden muss und ein KÀstchen anzukreuzen hat, um seine Einwilligung in die Zusendung von Werbung unter
Verwendung elektronischer Post nicht zu erteilen (sog. "Opt-out"-ErklÀrung) stellt keine wirksame Einwilligung i.S.
dieser Vorschrift dar. Die Einwilligung ist vielmehr gesondert, im Wege einer sog. "Opt-in"-ErklÀrung zu erteilen.
5. Eine EinwilligungerklÀrung i.S.v. § 7 Abs. 2 Nr. 3 Var. 3 UWG liegt insbesondere noch nicht in der in einem
anderen Zusammenhang - im Bezug auf bestimmte Informationen - getÀtigten Angabe der E-Mail-Adresse und/oder Telefonnummer.
6. Die Angabe des vollstÀndigen Geburtsdatums ist bei einem Kundenbindungs- und Rabattsystem mit vielen Millionen Teilnehmern
zur Vermeidung von IdentitÀtsverwechselungen in besonderer Weise geeignet. Die Erhebung kann insoweit nach
§ 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG zulÀssig sein.
7. Im Rahmen eines Kundenbindungs- und Rabattsystems kann die Mitteilung der Rabattdaten durch angeschlossene
Partnerunternehmen, auch soweit es um die Mitteilung der von den Teilnehmern unter Einsatz ihrer (Payback-) Rabattkarte
erworbenen Waren und Dienstleistungen handelt, der Zweckbestimmung des VertragsverhÀltnisses des Betreibers des
Partnerprogramms mit den Teilnehmern dienen. Eine entsprechende Klausel ist dann von § 28 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BDSG gedeckt.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 15.09.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1747
*Redaktionell. Amtliche Leit- und OrientierungssÀtze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 04.07.2019 - I ZR 161/18, MIR 2020, Dok. 006
Warten auf den EuGH - Verfahren zur Werbung mit dem ĂKO-TEST-Siegel ohne Lizenzvertrag ausgesetzt
Bundesgerichtshof, MIR 2018, Dok. 004
Analoge Fristenkontrolle 2.0 - Bei einem elektronischen Fristenkalender muss eine Kontrolle durch den Ausdruck der eingegebenen EinzelvorgÀnge oder eines Fehlerprotokolls erfolgen
BGH, Urteil vom 28.02.2019 - III ZB 96/18, MIR 2019, Dok. 012
Werbung von Check24 mit "Nirgendwo GĂŒnstiger Garantie" irrefĂŒhrend
Landgericht Köln, MIR 2020, Dok. 034
In Vino Veritas - BockbierwĂŒrze verwĂ€ssert GlĂŒhwein
Landgericht MĂŒnchen I, MIR 2022, Dok. 090