Rechtsprechung
OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.08.2008 - 6 W 55/08
Callcenter-Vertrag über ungewollte Telefonwerbung nichtig - Ein Vertrag, durch den sich der Betreiber eines Callcenters verpflichtet, Verbrauchern gegenüber ohne deren Einwilligung telefonische Akquise (Telefonwerbung) zu betreiben ist wegen Verstoßes gegen §§ 7 Abs. 2 Nr. 2, 3 UWG nach § 134 BGB nichtig.
BGB §§ 134, 683, 670, 812, 817; UWG §§ 3, 7 Abs. 2 Nr. 2
Leitsätze:*1. Ein Vertrag, durch den sich der Betreiber eines Callcenters verpflichtet, Verbrauchern gegenüber ohne deren Einwilligung
telefonische Akquise (Telefonwerbung) zu betreiben ist nach § 134 BGB nichtig. Ein solcher Vertrag ist auf einen
systematischen Verstoß gegen §§ 7 Abs. 2 Nr. 2, 3 UWG gerichtet.
2. Ein Vertrag, der zur Begehung unlauteren Wettbewerbs verpflichtet ("Basisvertrag"), ist nach § 134 BGB nichtig
(vgl. bereits: OLG Stuttgart, NJW-RR 1997, 236).
3. Der Betreiber des Callcenters hat dann regelmäßig weder Ansprüche nach § 683 BGB (Aufwendungsersatz aus Geschäftsführung ohne
Auftrag) noch aus Bereicherungsrecht (§ 812 BGB) gegen den Auftraggeber (hier: Bezahlung von TelfonistInnen).
Der Call-Center Betreiber kann Erbringung seiner Dienstleistung aufgrund des Wettbewerbsverstoßes nicht für erforderlich halten
(§§ 683, 670 BGB). Zudem greift der Ausschlusstatbestand des § 817 Satz 2 BGB, da hierfür bereits ausreicht, wenn sich der
Leistende (Callcenter Betreiber) der Einsicht in die Gesetzwidrigkeit leichtfertig verschließt (hier: allein wegen der
jahrzehntelangen Medienpräsenz der Unlauterkeit von ungewollter Telefonwerbung).
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 08.09.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1744
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Beschluss vom 30.11.2022 - IV ZB 17/22, MIR 2022, Dok. 099
Verweis auf bestimmte Einstellungen in einem Kundenverwaltungssystem unzulässig - Zum Widerspruch gegen die Verwendung einer E-Mail-Adresse zur Übersendung von Werbung
AG München, Urteil vom 05.08.2022 - 142 C 1633/22, MIR 2022, Dok. 061
AGB-Klausel zur Fernabschaltung einer gemieteten Autobatterie für Elektrofahrzeuge durch den Vermieter unwirksam
Bundesgerichtshof, MIR 2022, Dok. 082
Vertriebssystem 1.0 - Zur Frage der Kernbeschränkung durch eine Klausel, die Einzelhändlern eine Unterstützung von Preisvergleichsmaschinen generell untersagt (Per-se-Verbot)
BGH, Beschluss vom 12.12.2017 - KVZ 41/17, MIR 2018, Dok. 006
Keine Klarnamenpflicht bei der Nutzung eines sozialen Netzwerks in bestimmten Fällen
Bundesgerichtshof, MIR 2022, Dok. 008