Rechtsprechung
OLG Köln, Beschluss vom 07.02.2008 - 6 W 12/08
"TV-Premieren!" - Eine Programmwerbung für eine Free-TV-Premiere mit der Bezeichnung "TV-PREMIERE" ist irreführend, soweit eine Ausstrahlung im Pay-TV bereits erfolgt ist.
UWG §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 3, 5; GG Art. 5 Abs. 1
Leitsätze:*1. Eine Wettbewerbshandlung (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG) ist jede Handlung mit dem Ziel, zugunsten des eigenen
oder eines fremden Unternehmens den Absatz oder den Bezug von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern.
Mit der Ankündigung zuvor schon im Pay-TV gesendeter Filme als "TV-PREMIERE" fördert ein Verlag von Programmzeitschriften
sowohl seinen eigenen Absatzwettbewerb als auch unmittelbar den Wettbewerb der in Konkurrenz zu einem Pay-TV-Sender stehenden
frei empfangbaren Fernsehsender.
2. Zwar kann es zur Bejahung des grundsätzlich zu vermutenden, nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG erforderlichen (unmittelbaren)
Zusammenhangs zwischen Handlung und Wettbewerbsförderung ausnahmsweise der Feststellung konkreter, auf eine entsprechende
Absicht der Absatzförderung schließender Umstände bedürfen, sofern das beanstandete Verhalten Gegenstand redaktioneller
Beiträge der Medien ist.
Dies ist bei reinen Sachangaben ohne wertenden Bestandteil (hier: "TV-PREMIERE"; aber auch Datum und Uhrzeit einer Filmausstrahlung),
die ausschließlich der Kurzinformation des interessierten Zuschauers dienen, nicht der Fall. Eine typische redaktionelle Bearbeitung,
Aufbereitung oder Bewertung findet insoweit nicht statt. Dementsprechend sind solche Angaben bei (wettbewerbsrechtlicher) Unrichtigkeit
nicht im Rahmen der Meinungs- bzw. Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG geschützt.
3. Ob eine im Wettbewerb erfolgte Angabe irreführend ist, beurteilt sich maßgeblich danach, wie der angesprochene Verkehr die
beanstandete Aussage auf Grund ihres Gesamteindrucks versteht, wobei auf das Verständnis eines durchschnittlich informierten
und verständigen Verbrauchers abzustellen ist, der der fraglichen Aussage die der Situation angemessene Aufmerksamkeit
entgegenbringt (st. Rspr.: vgl. BGH GRUR 2007, 605, 606 - Umsatzzuwachs; BGH GRUR 2005, 690, 691, 692 – Internet-Versandhandel).
4. Erhebliche Teile der angesprochenen, durchschnittlichen Verbraucher verstehen die einschränkungslose Ankündigung eines Filmes
als "TV-PREMIERE" in einer Programmzeitschrift im eigentlichen Wortsinne, d.h. als eine erstmalig im deutschen Fernsehen - sei
es Free- oder Pay-TV - erfolgende Ausstrahlung des betreffenden Filmes. Soweit eine Ausstrahlung bereits im Pay-TV erfolgt ist und
lediglich die Ausstrahlung im Free-TV gemeint ist, ist ein solches Verständnis unzweifelhaft unrichtig.
5. Ein nicht eindeutiger und gut erkennbar zugeordneter Hinweis, darauf, das die Bezeichnung als "TV-PREMIERE" lediglich für
bloße Free-TV-Premieren benutzt wird, ist nicht geeignet, der Täuschungsgefahr des Lesers einer Programmzeitschrift entgegen zu wirken.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 12.05.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1616
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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