Kurz notiert
Bundesgerichtshof
Internetversteigerung III - Rechtsprechung zur (Störer-) Haftung eines Internet-Auktionshauses für Markenverletzungen bestätigt
BGH, Urteil vom 30.04.2008 – Az. I ZR 73/05 – Internet-Versteigerung III
MIR 2008, Dok. 139, Rz. 1
1
Der unter anderem für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute erneut entschieden,
dass ein Internetauktionshaus auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn Anbieter auf seiner
Plattform gefälschte Markenprodukte anbieten.
Zur Sache
Die Klägerinnen produzieren und vertreiben Uhren der Marke "ROLEX". Sie sind Inhaberinnen entsprechender Marken. Auf der von der Beklagten betriebenen Internet-Plattform "ricardo" hatten Anbieter gefälschte ROLEX-Uhren zum Verkauf angeboten, die ausdrücklich als Plagiate gekennzeichnet waren. ROLEX nahm daraufhin die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.
Das Oberlandesgericht Köln hatte dem Unterlassungsbegehren im Wesentlichen stattgegeben, nachdem der Bundesgerichtshof eine anders lautende Entscheidung des Oberlandesgerichts im Jahre 2004 aufgehoben hatte (BGH, Urteil vom 11.03.2004 – Az. I ZR 304/01, BGHZ 158, 236 – Internet-Versteigerung I = MIR 2005, Dok. 010).
Entscheidung des BGH: Internet-Auktionshaus muss nach Kenntnis konkreter Verstöße das betreffende Angebot unverzüglich sperren und - zumutbare - Vorsorge zur Verhinderung weiterer, entsprechender Verstöße treffen
Der Bundesgerichtshof hat das Verbot nunmehr beschränkt, das konkret beanstandete Verhalten bestätigt und insoweit an seiner Rechtsprechung zur Haftung von Internet-Auktionshäusern für Markenverletzungen festgehalten. Danach betrifft das im Telemediengesetz (TMG) geregelte Haftungsprivileg für Host-Provider nur die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung, nicht dagegen den Unterlassungsanspruch. Daher kommt eine Haftung der Beklagten als Störerin in Betracht, weil sie mit ihrer Internetplattform das Angebot gefälschter Uhren ermöglicht, auch wenn sie selbst nicht Anbieterin dieser Uhren ist. Eine solche Haftung setzt zunächst voraus, dass die jeweiligen Anbieter der gefälschten Uhren im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben, weil nur dann eine Markenverletzung vorliegt. Die Beklagte muss – wenn sie von einem Markeninhaber auf eine klar erkennbare Rechtsverletzung hingewiesen wird – nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern grundsätzlich auch Vorsorge dafür treffen, dass es nicht zu weiteren entsprechenden Markenverletzungen kommt.
Keine unzumutbaren Prüfungsüpflichten des Internet-Auktionshauses - Keine Gefährdung des Geschäftsmodells "Internet-Auktionshaus"
Der BGH hat betont, dass der Beklagten auf diese Weise keine unzumutbaren Prüfungspflichten auferlegt werden dürfen, die das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen würden. Die Beklagte ist jedoch verpflichtet, technisch mögliche und ihr zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, damit gefälschte ROLEX-Uhren gar nicht erst im Internet angeboten werden können.
Darlegungslast: Internet-Auktionshaus muss nach Kenntnis klar erkennbarer Rechtsverletzungen Kontrollmaßnahmen darlegen; ebenso deren "Ineffektivität" hinsichtlich folgender Rechtsverletzungen
Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass die Anbieter der gefälschten Uhren zumindest in einigen Fällen im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben. Dem beklagten Internetauktionshaus war bekannt, dass es in der Vergangenheit auf seiner Internet-Plattform bereits zu klar erkennbaren Verletzungen der Marken der Klägerinnen durch Dritte gekommen war. Sie hätte deshalb durch Kontrollmaßnahmen Vorsorge dafür treffen müssen, dass es nicht zu weiteren Markenverletzungen kommt. Unter diesen Umständen hätte die Beklagte darlegen müssen, dass sie nach Bekanntwerden der markenverletzenden Angebote derartige Kontrollmaßnahmen ergriffen hat und die beanstandeten Fälle auch durch diese Maßnahmen nicht verhindert werden konnten. Dem ist die Beklagte – auch nach Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht durch das erste Revisionsurteil im Jahre 2004 – nicht nachgekommen.
(tg) - Quelle: PM Nr. 87/2008 des BGH vom 30.04.2008
Zur Sache
Die Klägerinnen produzieren und vertreiben Uhren der Marke "ROLEX". Sie sind Inhaberinnen entsprechender Marken. Auf der von der Beklagten betriebenen Internet-Plattform "ricardo" hatten Anbieter gefälschte ROLEX-Uhren zum Verkauf angeboten, die ausdrücklich als Plagiate gekennzeichnet waren. ROLEX nahm daraufhin die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.
Das Oberlandesgericht Köln hatte dem Unterlassungsbegehren im Wesentlichen stattgegeben, nachdem der Bundesgerichtshof eine anders lautende Entscheidung des Oberlandesgerichts im Jahre 2004 aufgehoben hatte (BGH, Urteil vom 11.03.2004 – Az. I ZR 304/01, BGHZ 158, 236 – Internet-Versteigerung I = MIR 2005, Dok. 010).
Entscheidung des BGH: Internet-Auktionshaus muss nach Kenntnis konkreter Verstöße das betreffende Angebot unverzüglich sperren und - zumutbare - Vorsorge zur Verhinderung weiterer, entsprechender Verstöße treffen
Der Bundesgerichtshof hat das Verbot nunmehr beschränkt, das konkret beanstandete Verhalten bestätigt und insoweit an seiner Rechtsprechung zur Haftung von Internet-Auktionshäusern für Markenverletzungen festgehalten. Danach betrifft das im Telemediengesetz (TMG) geregelte Haftungsprivileg für Host-Provider nur die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung, nicht dagegen den Unterlassungsanspruch. Daher kommt eine Haftung der Beklagten als Störerin in Betracht, weil sie mit ihrer Internetplattform das Angebot gefälschter Uhren ermöglicht, auch wenn sie selbst nicht Anbieterin dieser Uhren ist. Eine solche Haftung setzt zunächst voraus, dass die jeweiligen Anbieter der gefälschten Uhren im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben, weil nur dann eine Markenverletzung vorliegt. Die Beklagte muss – wenn sie von einem Markeninhaber auf eine klar erkennbare Rechtsverletzung hingewiesen wird – nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern grundsätzlich auch Vorsorge dafür treffen, dass es nicht zu weiteren entsprechenden Markenverletzungen kommt.
Keine unzumutbaren Prüfungsüpflichten des Internet-Auktionshauses - Keine Gefährdung des Geschäftsmodells "Internet-Auktionshaus"
Der BGH hat betont, dass der Beklagten auf diese Weise keine unzumutbaren Prüfungspflichten auferlegt werden dürfen, die das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen würden. Die Beklagte ist jedoch verpflichtet, technisch mögliche und ihr zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, damit gefälschte ROLEX-Uhren gar nicht erst im Internet angeboten werden können.
Darlegungslast: Internet-Auktionshaus muss nach Kenntnis klar erkennbarer Rechtsverletzungen Kontrollmaßnahmen darlegen; ebenso deren "Ineffektivität" hinsichtlich folgender Rechtsverletzungen
Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass die Anbieter der gefälschten Uhren zumindest in einigen Fällen im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben. Dem beklagten Internetauktionshaus war bekannt, dass es in der Vergangenheit auf seiner Internet-Plattform bereits zu klar erkennbaren Verletzungen der Marken der Klägerinnen durch Dritte gekommen war. Sie hätte deshalb durch Kontrollmaßnahmen Vorsorge dafür treffen müssen, dass es nicht zu weiteren Markenverletzungen kommt. Unter diesen Umständen hätte die Beklagte darlegen müssen, dass sie nach Bekanntwerden der markenverletzenden Angebote derartige Kontrollmaßnahmen ergriffen hat und die beanstandeten Fälle auch durch diese Maßnahmen nicht verhindert werden konnten. Dem ist die Beklagte – auch nach Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht durch das erste Revisionsurteil im Jahre 2004 – nicht nachgekommen.
(tg) - Quelle: PM Nr. 87/2008 des BGH vom 30.04.2008
Online seit: 30.04.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1604
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