Rechtsprechung
Hanseatisches OLG, Beschluss vom 24.01.2008 - 3 W 7/08
"Unfreie Pakete werden nicht angenommen" - Eine Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs bei Fernabsatzverträgen, nach der unfreie Rücksendungen grundsätzlich nicht angenommen werden, verstößt gegen § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB. Streitwert bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung 2.500 EUR.
UWG §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 BGB §§ 312b, 312c Abs. 1, 312d Abs. 1, 355, 356, 357 Abs. 2 BGB-InfoV § 1 Abs. 1 Nr. 10
Leitsätze:*1. Bei Fernabsatzverträgen ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher klar
und verständlich unter anderem über die Rechtsfolgen des Widerrufs- und des Rückgaberechts
zu informieren. Dazu gehört eine zutreffende Aufklärung über die Kosten der Rücksendung der Ware.
Nach § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB hat die Kosten der Rücksendung, einer durch Paket
versandten Ware, grundsätzlich der Unternehmer zu tragen. Nur unter bestimmten
Voraussetzungen und nur durch vertragliche Vereinbarung können die Kosten der
Rücksendung dem Verbraucher auferlegt werden, § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB.
2. Eine Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs bei Fernabsatzverträgen, nach der unfreie Rücksendungen grundsätzlich nicht
angenommen werden verstößt gegen § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB. Diese Vorschrift schließt eine Vorleistungspflicht
des Verbrauchers in Bezug auf die Kosten der Rücksendung aus, sofern eine nach § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB
zuläsige Kostenvereinbarung nicht getroffen ist. Die Forumulierung "... keine unfreien Pakete ... diese
werden grundsätzlich nicht angenommen" kann der situationsadäquat aufmerksame Durschnittsverbraucher nur dahingehend
verstehen, dass unfreie Pakete nicht entgegengenommen werden und mithin das Widerrufsrecht bei einer unfreien
Rücksendung der Ware nicht wirksam ausgeübt werden kann. Eine solche Vorstellung ist mit dem Schutzgedanken
des § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB unvereinbar (vgl. auch OLG Hamburg, WRP 2007, 674, 675).
3. Die Bitte, die Rücksendung ordnungsgemäß zu frankieren, sofern eine Rückerstattung des Portos ausdrücklich
angeboten wird, ist nur dann zulässig, wenn der Verbraucher gleichzeitig darüber aufgeklärt wird, dass
von Gesetzes wegen der Unternehmer (vorleistungspflichtig) zur Kostentragung verpflichtet ist.
4. Soweit es zwar grundsätzlich zulässig ist dem Verbraucher die Kosten der Rücksendung unter einem Warenwert von
40 EUR durch eine entsprechende vertragliche Vereinbarung aufzuerlegen (§ 357 Abs. 2 Satz 3 BGB), wird ein
Hinweis "Unfreie Sendungen werden ... nicht angenommen" in einer Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs nicht zulässig,
wenn der Verbraucher der Belehrung nicht die eindeutige Aussage entnehmen kann, das Waren
ab einem Wert von 40 EUR stets unfrei versandt werden können, mithin eine Rücksendung mit Sicherheit angenommen wird
und der Widerruf damit wirksam ausgeübt werden kann.
5. Mit § 357 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BGB ist es nicht vereinbar, die Kostenübernahme jenseits der günstigsten
Versandform schlechthin dem Verbraucher aufzuerlegen.
6. Die Verwendung einer gesetzwidrigen Widerrufsbelehrung berührt wesentliche Belange der Verbraucher, beinhaltet ein
erhebliches Irreführungspotential und begründet regelmäßig die Gefahr, dass der die Rechtslage nicht überblickende
Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten wird. Das Ausnutzen einer derartigen Rechtsunkenntnis
steht mit dem Sinn und Zweck des Leistungswettbewerbs und dem guten kaufmännischen Sitten nicht in Einklang (vgl. etwa
BGH GRUR 2002, 1085; st. Rspr.). Die Verwendung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung ist daher geeignet, den Wettbewerb
zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich
zu beeinflussen, § 3 UWG.
7. Der Streitwert bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung ist mit 2.500 EUR zu bemessen.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 12.03.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1544
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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