Rechtsprechung
LG Berlin, Urteil vom 18.09.2007 - 15 O 698/06
Streitwert bei markenrechtlichen Abwehransprüchen - Der vom Bundesgerichtshof angenommenen Regelstreitwert in Höhe von 50.000 EUR im Falle eines markenrechtlichen Löschungs- bzw. Widerspruchsverfahrens, kann nicht verallgemeinernd auf markenrechtliche Abwehransprüche übertragen werden.
BGB §§ 677, 683, 670; MarkenG §§ 4, 14, 140; ZPO § 3
Leitsätze:*1. Der vom Bundesgerichtshof angenommenen Regelstreitwert in Höhe von 50.000 EUR im Falle eines markenrechtlichen Löschungs- bzw. Widerspruchsverfahrens, kann nicht ohne weiteres auf markenrechtliche Abwehransprüche übertragen werden. Bei einem Löschungs- bzw. Widerspruchsverfahren ist vor allem das Interesse des Markeninhabers an der Aufrechterhaltung seiner Marke ausschlaggebend.
2. Im Fall eines markenrechtlichen Abwehranspruchs (hier: Unterlassung von Verkaufsaktivitäten im Internet) ist das Interesse des Rechteinhabers hinsichtlich des konkret zu unterlassenden Verhaltens entscheidend. Der Streitwert für den Unterlassungsanspruch ist gem. § 3 ZPO unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere dem Bestand des Markenrechtes, der wirtschaftlichen Bedeutung des Verstoßes sowie der jeweiligen Interessen der Parteien festzusetzen.
3. Liefert der Anspruchsteller keine hinreichenden Angaben zu dem tatsächlich mit der Marke erzielten Umsatz und steht ein nicht gänzlich ausgebliebener Erfolg des Inanspruchgenommen im Raum, so erscheint eine Schätzung des Interesses an der Unterlassung mit 20.000 Euro als angemessen, aber auch ausreichend.
4. Aufwendungen für berechtigte Abmahnungen aufgrund eines markenrechtlichen Abwehranspruchs sind neben einem verschuldensabhängigen Anspruch aus § 14 Abs. 6 MarkenG, auch nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag zu ersetzen, da eine berechtigte Abmahnung im Interesse des abgemahnten Geschäftsherren erfolgt.
5. § 140 Abs. 3 MarkenG (Kosten der Mitwirkung eines Patentanwaltes) ist nicht in jedem Fall analog auf die vorgerichtliche Vertretung anzuwenden. Denn die vorgerichtliche Tätigkeit in Form einer Abmahnung ist nicht immer mit der gerichtlichen Vertretung in Markenstreitigkeiten gleich zu setzen. Stellt sich ein Verstoß als derartig eindeutig dar, so kann die Hinzuziehung eines Patentanwaltes rechtsmissbräuchlich sein.
6. Dem Markenrechtsinhaber obliegt bei der außergerichtlichen Verfolgung seiner Rechte den Grundsätzen der Schadensminderungspflicht, worunter auch die Abwägung fällt, ob ein Patentanwalt hinzuzuziehen ist oder nicht. Diese Schadensminderungspflicht erfordert, dass der Geschädigte jegliche Maßnahmen unterlässt, die auch ein verständiger Mensch, der die Kosten dafür selbst aufwenden müsste, unterließe.
7. Einem Rechtsanwalt, der gerichtsbekannt und aufgrund seiner Veröffentlichungen im Markenrecht versiert ist, ist es ohne weiteres zuzumuten, einfache und bereits mehrfach von ihm bearbeitete Markenverstöße selbst und alleine abzumahnen. In einem solchen Fall ist nicht nachvollziehbar, wieso die Hinzuziehung eines Patentanwaltes geboten sein soll. Es entspricht auch nicht dem mutmaßlichen Willen des Abgemahnten, wenn der Anspruchsteller die Rechtsanwaltsgebühren durch Hinzuziehung eines Patentanwaltes verdoppelt und eine solche Hinzuziehung offensichtlich nicht notwendig war.
Bearbeiter: RA Alexander Schultz, LL.M. (Informationsrecht)
Online seit: 23.11.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1433
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