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Rechtsprechung



LG Frankfurt a.M., Urteil vom 30.10.2007 - 2-18 O 26/07

Unzulässige Telefonwerbung - Allein durch die bloße Anwahl einer Call-by-Call Nummer lässt sich eine Geschäfts- bzw. Vertragsbeziehung des Angerufenen mit dem Anrufer und folglich die Möglichkeit einer konkludenten Einwilligung in Werbeanrufe nicht begründen.

UWG §§ 3, 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 8 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 3

Leitsätze:*

1. Unlauter im Sinne von § 3 UWG handelt gemäß § 7 Abs. l UWG insbesondere, wer einen Marktteilnehmer in unzumutbarer weise belästigt, was nach dem Regelbeispiel des § 7 Abs.2 Nr. 2 UWG bei einer Werbung mit Telefonanrufen gegenüber Verbrauchern ohne deren Einwilligung der Fall ist.

2. Hierbei sieht sich der Auftraggeber von Werbeanrufen Unterlassungsansprüchen in gleicher Weise ausgesetzt wie der Anrufer (Beauftragte) selbst. Beauftragte im Sinne von § 8 Abs.2 UWG sind auch Mitarbeiter beauftragter Firmen, die die Anrufe tatsächlich tätigen (Antragsalternativen: "anrufen" und "anrufen lassen").

3. Die Angabe eines Titels (hier: "Diplom-Psychologe") weist für sich genommen nicht auf eine selbstständige Tätigkeit hin.

4. Wird im Rahmen einer Befragung (hier: Life-Style-Befragung) eine Einwilligung in Werbung erteilt, die sich nicht ausdrücklich auf Werbung im Rahmen des konkreten Vertragsverhältnisses beschränkt, sondern ihrem Wortlaut nach (jegliche) sonstige Werbung ermöglicht, ist davon auszugehen, dass damit gleichwohl eine Einwillung in Werbeanrufe für "sachfremde" Dienstleistungen und/oder Produkte (hier: Telekommunikationsdienstleistungen) durch den nicht erteilt wird. Vielmehr ist eine solche Einverständniserklärung in analoger Anwendung der Regelung zur Unzulässigkeit allgemeiner Geschäftsbedingungen unwirksam, da sie insofern eine unangemessene Benachteiligung des Kunden darstellt.

5. Zwar kann eine konkludente Einwilligung in Betracht kommen, wenn eine Geschäftsbeziehung des Angerufenen zum Anrufer besteht. Die Darlegungs- und Beweislast trifft insoweit allerdings den Werbenden, so dass das Bestreiten des Fehlens einer Geschäftsverbindung durch den Werbenden nicht ausreichend ist.

6. Allein durch die bloße Anwahl einer Call-by-Call Nummer lässt sich eine (vorherige) Geschäfts- bzw. Vertragsbeziehung des Angerufenen mit dem Anrufer und folglich die Möglichkeit einer konkludenten Einwilligung in Werbeanrufe nicht begründen. Denn die Einwilligung zu Anrufen kann sich mangels anderweitiger Anhaltspunkte im Zuge einer engen Auslegung nur auf solche Anrufe beziehen, die das konkrete Vertragsverhältnis betreffen. Für Call-by-call-Kunden ist aber gerade immanent lediglich eine einmalige Leistung ohne weitere Vertragsbeziehung in Anspruch zu nehmen.

MIR 2007, Dok. 405


Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: Thomas Gramespacher
Online seit: 22.11.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1430

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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