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Rechtsprechung



LG Karlsruhe, Urteil vom 08.08.2007 - 13 O 76/07 KfH I

Belehrung über Wertersatzpflicht bei eBay noch nach Vertragschluss bis zur Lieferung möglich? - § 312c Abs. 1 und Abs. 2 BGB sind keine Spezialvorschriften, die § 357 Abs. 3 Satz 1 bezüglich der Rechtsfolgen des Widerrufs (insb. Wertersatzpflicht) vorgehen.

BGB §§ 126b, 312c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, §§ 346, 355, 356; UWG §§ 4 Nr. 11, 8 Abs. 1, Abs. 3, 12 Abs. 2; BGB-InfoV § 1 Nr. 10

Leitsätze:*

1. Nach § 312c Abs. 1 BGB hat der Unternehmer den Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und verständlich die Informationen zur Verfügung zu stellen, für die die BGB-lnfoV bestimmt ist, also gemäß § 1 Nr. 10 BGB-InfoV die Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts sowie die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung usw.

2. § 312c Abs. 1 verlangt nicht nur eine formale Information, sondern vor allem eine klare und zutreffende Information. Denn die Widerrufsfrist beträgt dann, wenn die Belehrung in Textform erst nach Vertragschluss mitgeteilt wird, einen Monat. Dies gilt auch dann, wenn vor Vertragsschluss im Internet belehrt wird. § 312 c Abs. 1 BGB macht die Belehrung in Textform nicht überflüssig, sondern statuiert eine zusätzliche Informationspflicht bei Fernabsatzverträgen und wird ergänzt durch die ausdrückliche Verpflichtung, dem Verbraucher die entsprechenden Informationen (auch) in Textform mitzuteilen, und zwar bei der Lieferung von Waren spätestens bis zu deren Lieferung an den Verbraucher. Genügt danach nicht schon die Belehrung auf einer Internetseite den Anforderungen der Textform, so greift daher zwingend § 355 Abs. 2 BGB ein und es gilt eine einmonatige Widerrufsfrist.

3. Gemäß § 357 Abs. 3 BGB hat der Verbraucher abweichend von § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB Wertersatz für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung nur dann zu leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. § 312c Abs. 1 und Abs. 2 BGB stellen insoweit gegenüber § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB keine Spezialvorschriften bezüglich der Rechtsfolgen dar. Vielmehr ist nicht ersichtlich, dass durch § 312c Abs. 1 und Abs. 2 BGB das Erfordernis einer Belehrung in Textform bereits vor Vertragschluss für die verschärfte Haftung des Verbrauchers modifiziert werde sollte. Dem Erfordernis der Belehrung in Textform kommt insoweit eine Warnfunktion zu, da eine Modifikation der Haftung zu Lasten des Verbrauchers stattfindet.

4. Die große Vielzahl an über das Internet ansprechbaren Interessenten rechtfertigt im Fall eines Verstoßes gegen die fernabsatzrechtlichen Informationspflichten im Internethandel (hier: eBay) die Annahme eines Wettbewerbsinteresses von 10.000,00 EUR.

MIR 2007, Dok. 369


Anm. der Redaktion: Zu der Frage der Spezialität von § 312c Abs. 1 ud Abs. 2 BGB gegenüber § 357 Abs. 3 BGB vgl. mit gegenteiliger Auffassung insb. die Beschlüsse des OLG Hamburg vom 19.6.2007 (Az. 5 W 92/07 = MIR 2007, Dok. 282) und vom 12.09.2007 (Az. 5 W 129/07 = MIR 2007, Dok. 366).
Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: Thomas Gramespacher
Online seit: 10.10.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1394

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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