Rechtsprechung
OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.11.2006 - I-20 U 22/06
Zur Unwirksamkeit einer anwaltlichen (wettbewerbsrechtlichen) Abmahnung gem. § 174 Satz 1 BGB nach Zurückweisung der Abmahnung aufgrund Nichtvorlage einer originalen Vollmachtsurkunde.
BGB § 174
Leitsätze:*1. Voraussetzung für einen Kostenerstattungsanspruch des Abmahnenden ist stets, dass
die Abmahnung nach Form und Inhalt berechtigt war.
2. Die wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist ebenso wie die Mahnung (vgl. hierzu BGH NJW 1987, 1546 (1547); BGH NJW 1967, 1800 (1802))
eine einseitige rechtsgeschäftsähnliche Handlung, auf die § 174 BGB entsprechende Anwendung findet.
Es ist allgemein anerkannt, dass § 174 BGB für geschäftsähnliche Handlungen entsprechend gilt
(vgl. nur BGH NJW 1987, 1546 (1547); BGH NJW 2001, 289 (290)).
Geschäftsähnliche Handlungen sind in erster Linie Aufforderungen und Mitteilungen, die auf Ansprüche
oder Rechtsverhältnisse Bezug nehmen und vielfach im Bewusstsein der dadurch ausgelösten Rechtsfolgen
ausgesprochen werden, jedoch nicht unmittelbar auf den Eintritt dieser Rechtsfolgen gerichtet sind oder
gerichtet sein müssen (BGH, NJW 2001, 289). Unter diese Definition fällt auch eine Abmahnung wegen
eines Wettbewerbsverstoßes oder wegen Verletzung gewerblicher Schutzrechte.
3. Im Hinblick auf die Rechtswirkungen der Abmahnung und die rechtliche und wirtschaftliche
Bedeutsamkeit der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung hat der Schuldner ein
berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, ob der Vertreter des Abmahners zur Abmahnung bevollmächtigt ist.
Dass die Beifügung einer Originalvollmacht für den Abmahner eine erhebliche Mühewaltung bedeutet, ist diesbezüglich nicht erkennbar. Daher kann eine ausgesprochene Abmahnung nach ihrer Zurückweisung
durch den Abgemahnten (Schuldner) entsprechend § 174 Satz 1 BGB unwirksam werden.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 05.09.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1355
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Bundesgerichtshof, MIR 2024, Dok. 005
DNS-Sperre - Zur Frage, wann für den Rechtsinhaber keine andere Möglichkeit im Sinne von § 7 Abs. 4 Satz 1 TMG besteht, der Verletzung seines Rechts abzuhelfen - Sperranordnung nur ultima ratio
BGH, Urteil vom 13.10.2022 - I ZR 111/21, MIR 2022, Dok. 092
Lautsprecherfoto - Keine öffentliche Wiedergabe an "recht viele Personen" durch Zugänglichkeit eines Lichtbildes (hier: Produktbild bei eBay-Kleinanzeigen) über 70 Zeichen umfassende URL
BGH, Urteil vom 27.05.2021 - I ZR 119/20, MIR 2021, Dok. 065
Verdeckte Überwachung des Arbeitnehmers mittels Keylogger ohne begründeten Verdacht unzulässig
Bundesarbeitsgericht, MIR 2017, Dok. 032
Online-Coaching und Fernunterricht - Eine Überwachung des Lernerfolgs im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG, gleichgültig ob mündlich oder schriftlich, ist als Kontrolle durch den Lehrenden oder seine Beauftragten zu verstehen; eine Selbstkontrolle genügt nicht
OLG Köln, Urteil vom 06.12.2023 - 2 U 24/23, MIR 2023, Dok. 081