Rechtsprechung
Hanseatisches OLG, Urteil vom 12.09.2006 - 5 U 161/05
Urheberrechtsverstöße durch Minderjährige im Internet - Auch minderjährigen Internet-Teilnehmern ist bewusst, dass dieses Medium nicht dazu berechtigt, sich unerlaubt und gegen den Willen des Berechtigten fremde Güter anzueignen und daraus unbefugt Gewinn zu erzielen.
UrhG § 97 Abs. 1; ZPO § 91a
Leitsätze:*1. Auch minderjährigen Internet-Teilnehmern ist bewusst, dass dieses Medium (bzw. hier der
Internet-Marktplatz eBay) nicht dazu berechtigt, sich unerlaubt und gegen den Willen
des Berechtigten fremde Güter anzueignen und daraus unbefugt Gewinn zu erzielen.
Dies gilt auch dann, wenn der betreffende (minderjährige) Internetnutzer sich die Lichtbilder aus einer
"anonymen Tauschbörse" herunter geladen hat.
Denn ein derartiges Forum mag zwar Gelegenheiten bieten für Tauschvorgänge zum privaten Gebrauch; es erschließt sich jedoch jedem (auch jugendlichem) Nutzer ohne große Mühe, dass mit
den dort erhaltenen Gütern ohne Zustimmung des Eigentümers bzw. Urhebers keine Geschäfte gemacht bzw. versucht werden dürfen.
2. Es entspricht allgemeiner Kenntnis - auch eines Minderjährigen (hier: auch einer Fünfzehnjährigen), dass
über fremde Rechtsgüter nur dann verfügt werden darf, wenn einem hierzu die Erlaubnis erteilt worden ist.
Zwar mag es sein, dass insbesondere im Internet vielfältige - geistige – Leistungen zur Nutzung bereit stehen,
ohne dass hierfür ein Entgelt oder eine sonstige Gegenleistung verlangt wird. Dies kann aber nur in manchen Fällen
als konkludentes Einverständnis in eine kostenfreie Nutzung interpretiert werden, die etwa im privaten Bereich
hingenommen wird.
3. Ein fehlender "Copyright"-Hinweis ist kein Indiz dafür, dass Werke gemeinfrei sind. Denn zu einem solchen Hinweis
ist der Urheber - jedenfalls nach deutschem Urheberrecht - weder verpflichtet noch gehalten, um seine Rechte zu wahren.
Vielmehr obliegt es jedem Nutzer in eigener Verantwortung, sich darüber zu informieren, ob bzw. zu welchen Konditionen
ihm der Urheber eine Nutzung seines Werks gestatten will.
Keinesfalls wird durch kollektive Verstöße (wie es im Internet etwa durch den vielfältigen "Tausch"
urheberrechtlich geschützter Werke der Fall ist) ein unrechtmäßiges Verhalten rechtmäßig.
4. Für die Frage, ob eine urheberrechtliche Wiederholungsgefahr durch den Verletzer gesetzt wurde ist es ohne
Bedeutung, ob der Gegenstand der Urheberrechtsverletzung geringfügig gewesen ist oder die Rechtsverletzerin
ihr urheberrechtswidriges Verhalten tatsächlich eingestellt hat. Die bloße Einstellung des urheberrechtswidrigen
Verhaltens reicht für den Wegfall einer nach einem Urheberrechtsverstoß vermuteten Wiederholungsgefahr
insbesondere dann nicht, wenn das beanstandete Verhalten jederzeit ohne größeren Aufwand wieder aufgenommen
werden kann (zu der vergleichbaren Situation im Wettbewerbsrecht: BGH GRUR 2004, 162, 163 - Mindestverzinsung;
BGH GRUR 2001, 453, 455 - TCM-Zentrum; BGH GRUR 1992, 318, 320 - Jubiläumsverkauf).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 05.06.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1243
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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